Wie in jedem Jahr gehen auch 2019 die Westönner Katholiken traditionell die beiden Prozessionen zu Christi Himmelfahrt und Fronleichnam. In diesem Jahr liegen die beiden Festtage um 20 Tage später als 2018, was sich sicherlich im bunten Blumenschmuck der Stationen zeigen wird.
Bei der Brandprozession an Christi Himmelfahrt werden die vier Heiligen Häuschen an der Breiten Str., Am Hackenfeld, Mawicker Weg und am Hellweg besucht. Während Fronleichnam an der West-, Bruch-, Oststraße und am Anfang des Mawicker Weges Halt gemacht wird.
Nach vielen Recherchen und Studien, erfahren wir, dass in früheren Jahren die Westönner Prozessionen andere Wege gingen und somit auch an anderen Stellen zum Gebet verweilt wurde. Betrachtet man eine Karte aus dem Jahre 1840/41 so sieht man dort, in der Vergrößerung, zwei Kreuze entlang der heutigen Bundestraße und am Alten Hellweg stehen. (siehe Fotoausschnitt). Eine weitere Karte, ein Meßtischblatt von 1897, zeigt uns zwei Kreuze in der südwestlichen Westönner Flur und südlich der Bundesstraße.
Zu beiden Stellen erfahren wir aus diversen Akten und Urkunden des Westönner Pfarrarchivs recht interessante Informationen.
Erstens handelt es sich um ein ehemaliges Heiligen-Häuschen, dass auf dem früheren Grundstück der Familie Hoffmann/Kliemt, heute H.P. Gaspers, stand. Wie uns ein Brief des ehemaligen Westönner Pfarrers Bernhard Voss (Pfarrer in Westönnen 1809-1840) vom 16. Januar 1829 berichtet, handelt es sich hier um das sogenannte Westönner Junggesellen Heiligen Häuschen, an dem jährlich die Prozession an Fronleichnam Station machte. Pfarrer Voss schreibt hier u.a.: …
dieser Platz wird seit undenklichen Jahren zur Ausübung einer religiösen, den Katholiken sehr ehrwürdigen Handlung, nämlich zur Haltung einer Station bei der jährlichen Prozession bestimmt… (siehe Foto der ganzen Urkunde, sowie deren lesbaren Text). …
Die Übersetzung der Urkunde…
Es ist mir unterschreibenen Pastor zu Westönnen von mehreren Seiten angezeigt worden, daß der Bäcker Joseph Stewen am alten Hellwege sich den Platz, wo das so genannte Westönner Junggesellen Heiligen Häuschen steht; zueignen wolle. Da aber dieser Platz seit undenklichen Jahren zur Ausübung einer religiösen, den guten Katholiken sehr ehrwürdigen Handlung, nämlich zur Haltung einer Station bei der jährlichen Prozession bestimmt, gewidmet und benutzt ist; so kann ihn weder die Gemeinde noch irgendeine Behörde ohne Verletzung eines unbestreitbaren Prozessions-Rechtes zu neuen profanen Zwecke vereußern, und es ist nun so auffallender, daß ein in Westönnen geborner und erzogener Privatmann sich wider alles Recht zueignen will. Da ich nun als zeitlicher Pastor die kirchlichen Gerechtsame zu bewahren verpflichtet bin, so protestiere ich vorerst gegen jede fremde Anmaßung dieses Platzes und ist dieses fruchtlos; so muß ich einen andern Weg einschlagen, und die dadurch veranlaßten Kosten hat sich dann der Joseph Stewen selbst zuzuschreiben – den tausend Zeugen aufzubringen, welche eidlich darthun können, daß der fragliche Platz immerwährend nur zur jährlichen Ausübung einer religiösen Handlung bei der feierlichen Prozession gedient hat, und zu keinem andern Zweck benutzt werden ist, wird eben nicht schwer seyen. Daher muß der fragliche Platz in der Beschaffenheit bleiben, wie er früherhin immer gewesen ist.
Westönnen, den 16 ten Januar 1829
der Pastor B. Vohs
Das Original von Vorstehendem habe ich unterschriebener dem Bäcker Joseph Stewen insinuiert (= vorlegen / zustellen)
Pfarrer Voss berichtet hier von der jährlichen Prozession zu Fronleichnam. Es handelt sich um die älteste Westönner Prozession, die sogenannte Hagelfeier-Prozession. Sie war der Vorgänger der erst 1870 in Westönnen eingeführten Fronleichnamsprozession.
Ergänzend zu diesem Bericht zeigen wir Fotos von zwei Devotionalien, die auf diesem Grundstück bei Garten- und Ausgrabungsarbeiten gefunden wurden. Danach folgt der Ausschnitt aus dem Kataster von 1912.
Teil 2 dieses Berichtes folgt in den nächsten Tagen…