Die Orgel der Pfarrkirche St.Cäcilia zu Westönnen
Unsere Kirche kann sich sehen lassen. Wir können stolz auf sie sein. Im Inneren des Gotteshauses wird die Orgel oft kaum beachtet. Das hat sie nicht verdient. Die Orgel und auch der Organist haben im Rahmen der Gottesdienste zwar eine dienende Rolle zu spielen, aber ohne sie wäre die Liturgie einfach ärmer. Außerdem ist unsere Orgel ein Teil der Geschichte unserer Kirche.
Nun hat sich unser Organist Martin Schlummer die Arbeit gemacht, die Orgel zu beschreiben und aus ihrer Geschichte zu berichten. Er kennt das Instrument wie kein anderer. Seit 1969 ist er mit ihr vertraut. Man muss ihm für die Arbeit danken. So bleiben die Fakten erhalten.

Die Orgel in der Pfarrkirche St. Cäcilia zu Westönnen ist zwar nicht so weltberühmt wie die gotische Orgel in der Nachbarkirche von Ostönnen, ist aber auf ihre Art eine Rarität, die in der deutschen Orgellandschaft selten geworden ist.
Erbaut wurde sie in den Jahren 1939-1945, also in der Zeit des 2. Weltkrieges, von der Werler Orgelbauanstalt Gebr. Stockmann.
Noch unter dem Einfluss der ausklingenden Orgelromantik stehend, entschied man sich für eine Kegelladenorgel mit pneumatischer Steuerung und Freipfeifenprospekt.

Eine Zeitungsseite mit Propagandaberichten.
1939 wurde mit dem Bau der Orgel begonnen, 1940 waren Windladen und Spieltisch fertig gestellt.
Im Inneren der Windkanäle befinden sich als heute zeitgeschichtliche Dokumente Zeitungsseiten mit Propagandaberichten von den Kriegsschauplätzen (Orgelbauer benutzen Zeitungspapier und Leim, um Windladen und –kanäle abzudichten).
1940-1945 war der Orgelbaubetrieb von den Nazis offiziell stillgelegt, jedoch arbeiteten einige Orgelbauer, die nicht in den Krieg mussten, in aller Ruhe an der Westönner Orgel weiter.

Nach Beendigung des 2. Weltkrieges wurden die Pfeifen aus Orgelmetall hergestellt, welches vor Schutz vor Beschlagnahmung durch die Nazis von den Orgelbauern vergraben war. „Bezahlt“ haben die Westönner ihre neue Orgel mit Naturalien (Kartoffeln, Gemüse, Sauerkraut), auch existierte im Innern der Orgel eine Liste, wo aufgeschrieben wurde, bei welchen Bauern den Orgelbauern ein gutes und reichhaltiges Mittagessen serviert wurde oder nicht.

Ende 1945 war ein hochwertiges, spätromantisches Orgelwerk fertig gestellt und wurde am 5. Dezember 1945 vom damaligen Paderborner Domorganisten Hebestreit geprüft und abgenommen.
1969 wurde dem damaligem Zeitgeschmack entsprechend, aus heutiger Sicht bedauerlich, bei der großen Kirchenrenovierung der Freipfeifenprospekt entfernt und der jetzige einfallslose Prospekt erbaut, ohne aber an der Technik, Intonation und Disposition der Orgel etwas zu ändern.
In den achtziger Jahren wurden Überlegungen angestellt, die pneumatische Traktur (alle Steuerungen der Orgel geschehen mit Luftdruck) durch eine elektrische zu ersetzten, da die pneumatische Steuerung verschleißbedingt absolut unpräzise geworden war. Dieses hätte bedeutet, dass die letzte im Erzbistum Paderborn erbaute pneumatische Kegelladenorgel das Schicksal ihrer Schwestern ereilt hätte, die in den 50ger bis 80ger Jahren des letzten Jahrhunderts kompromisslos elektrifiziert und in der Disposition dem Zeitgeschmack angepasst wurden.
Nach langen Überlegungen entschloss man sich 1994, die Orgel original in Funktion und Klang zu erhalten. Die gravierendste Änderung war die Umplatzierung des Spieltisches. Bis dahin am Rande der Empore stehend, befindet er sich nun in der Mitte der Orgel. Dadurch verkürzten sich die Längen der Bleirohre, die Spieltisch und Windladen miteinander verbinden, um die Hälfte. Es war nun ein wesentlich präziseres Spielen möglich.
Die Disposition blieb unverändert. Lediglich das Trompetenregister wurde, da das alte materialbedingt sehr schlecht war ( es wurde aus denkmalskonservatorischen Gründen im Innern der Orgel eingelagert), durch ein neues ersetzt. Die Cimbel 1` erhielt noch eine dritte Reihe kleiner Pfeifen, um den Orgelklang ein wenig aufzuhellen, ohne zu „stechen“.


Alle Verschleißteile wurden erneuert, alle Holzteile einschließlich der Holzpfeifen wurden überarbeitet und bekamen einen imprägnierenden Schutzanstrich. So präsentiert sich die Westönner Orgel heute in einem neuen, aber schon historisch gewordenen Glanz. Mit ihrem satten, dunklen Klang der vielen 8 Fuß Register, von denen jedes auch solistische Qualitäten aufweist, können Kompositionen romantischer Komponisten (Rheinberger, Reger, Karg-Elert), die ja für pneumatische Orgeln ihre Werke schrieben, authentisch dargeboten werden.


Martin Schlummer war Organist in der Westönner Pfarrkirche St. Cäcilia.
Bericht: Martin Schlummer; Fotos: Fritz Schleep, Martin Schlummer