Pfarrer in Westönnen von 1667 – 1681
Nachdem wir im März 2009 über einen der bekanntesten ehemaligen Pfarrer, nämlich Johannes Ketteler, berichteten; möchten wir heute Wilhelm Crispen, einen Nachfolger Kettelers im Amt, vorstellen.
Wilhelm Crispen wurde um 1642 in Werl, als fünftes von zehn Kindern des Hermann Crispen und seiner Frau Anna Ursula Binholt, geboren. Der Vater war Spross einer alteingesessenen Familie und gehörte zu den Erbsälzern der Stadt Werl. Sei Jahrhunderten war Werl ein bedeutender Ort der Salzgewinnung. Hermann Crispen war ab 1637 oft Ratsherr, 1678 Sälzeroberst und 1684 gar Bürgermeister der Stadt Werl. Ein Bruder Wilhelms, Theodor, wurde 1656 als siebentes Kind geboren. Er studierte und wurde 1675 Jesuit und war als Musiker und Komponist über 30 Jahre in Hildesheim im Dienste der Kirchenmusik und gymnasialen Musikpflege tätig. Hier lernte er auch den jungen Georg Philipp Telemann (1681-1767) kennen, der nachher einer der bedeutendsten deutschen Barockkomponisten wurde.
Wilhelm Crispen entschied sich schon in früher Jugend, wie auch einige andere Familienangehörige, für den geistlichen Beruf. Am 4. November 1660 lässt er sich an der Universität Paderborn einschreiben. Mit dem Erwerb des Grades eines Baccalaureus schloss er diese Studien 1662 ab, um dann an der Universität Münster weitere Studien aufzunehmen. Am 24. September 1667 wird er als Subdiakon zum Pfarrer von Westönnen präsentiert. Die Priesterweihe erfolgte erst ein viertel Jahr später am 12. Dezember 1667 im Hohen Dom zu Paderborn. Im gleichen Jahr (1667) erscheint er als Mitglied in der bekannten Werler Kalandsbruderschaft. Noch vor seiner Priesterweihe wird er im Westönner Kirchenbuch am 4. Dezember 1667 als Pate notiert. Der damalige Küster Heydenreich Heylmann lässt seinen Sohn Wilhelm taufen und kein geringerer als Wilhelm Crispen ist Pate. Es ist übrigens der einzige Fall, dass dieser eine Patenschaft in Westönnen angenommen hat.
Am 22. März 1671 schließt er, im Namen der Eingesessenen des Kirchspiels, einen Vertrag mit dem Glockengießer Gottfried de Lapaix über den Guss einer neuen Glocke ab. Es sind hier vertraglich interessante Einzelheiten und Bedingungen für den Glockenguss niedergelegt worden. u.a. erhält der Meister 48 Reichstaler Arbeitslohn und zusätzlich 2 Reichstaler zum Weinkauf. Noch im gleichen Jahr wurde die heute noch erhaltene „ Toten- und Feuerglocke“ vom Vater des Gottfried, Johann de Lapaix, gegossen.
In den 70 er Jahren des 17. Jahrhunderts existierte in unserer Gemeinde eine Rosenkranz-Bruderschaft. Fragmente eines Buches aus unserem Pfarrarchiv zeigen an, dass Pfarrer Crispen ein Mitbegründer dieser Gemeinschaft war. Auf dem Titelblatt vom 2. Februar 1678 erscheint sein Name, zusammen mit den Namen des Dominikaners Antonius Eslingh und des Priors des Soester Dominikanerklosters, Albert Wein. Bei der Seelsorge im Kirchspiel Westönnen wurde er durch den ersten Schulvikar, Everhard Hawickenbrock aus Holtum stammend, unterstützt. Vikar Hawickenbrock amtierte hier in Westönnen noch bis 1680 und übernahm anschließend die Pfarrstelle in Büderich. Nach dem 21. September 1680 muss Wilhelm Crispen Westönnen verlassen haben, denn dies bezeugt eine urkundliche Notiz mit seiner Unterschrift.
Ferner berichtet eine weitere Urkunde vom 3. April 1682 aus unserem Pfarrarchiv:
Nachdem Wilhelm Crispen vor Jahresfrist in die Gesellschaft Jesu eingetreten ist, wird als neuer Pfarrer für Westönnen empfohlen der Vikar Theodor Menge daselbst. Mit Unterschrift und Siegel von Matthias Voßla, erzbischöflicher Kommissar zu Altenrüthen. Es unterschreiben noch Engelbert Dietrich von Mengede namens seines Vaters, Johann Ernst Wrede zum Lohe, vier Kirchenprovisoren und acht andere Eingepfarrte.
Vikar Theodor Menge war der Nachfolger von Everhard Hawickenbrock als Leiter der hiesigen Schulvikarie.
Pfarrer Crispen trat am 2. Oktober gleichen Jahres in den Orden der Jesuiten ein. Sein erstes Gelübde legte er am 3.Oktober 1682 und das letzte von insgesamt vier Gelübden am 2. Februar 1690 in Paderborn ab. Inzwischen hatte er sich 1687 den Missionaren der Jesuiten in Arnsberg angeschlossen. Überliefert ist, dass er als Superior für den Missionsorden 1681 einen Garten von Jürgen Duncker in Arnsberg gekauft hat.
Am 17. März 1718 starb Wilhelm Crispen und wurde am 21. März 1718 im Kreuzgang des Klosters Wedinghausen bestattet. Wie vorher berichtet, war der Vikar Theodor Menge zum neuen Pfarrer vorgeschlagen. Offensichtlich wurde er nur als Stellvertreter in die vakante Stelle berufen, denn ab 1682 übernahm Melchior Linnemann aus Affeln die Leitung der St. Cäcilia Gemeinde Westönnen.
Zum Schluss unserer Abhandlung über Pfarrer Crispen, soll ein Nachruf folgen. Er stammt aus dem „ annuae literae“ (Jahresbericht) der Jesuiten von 1718. Dieser war u.a. im historischen Archiv der Stadt Köln deponiert. Ob er 2009 den Einsturz des Archivs überstand, wissen wir z.Z. nicht.
Nachruf der Jesuiten von 1718, zitiert bei Walter Wahle: Die Missionen der Jesuiten zu Arnsberg. Paderborn 1995. :
„Einen von den Patres, reich an Alter und Verdienst, entriß der Tod: Wilhelm Crispen, geboren zu Werl aus einer edlen Sälzerfamilie. Bevor er in die Gesellschaft Jesu aufgenommen wurde, versah er 14 Jahre lang die Pfarrei Westönnen bei Werl mit solchem Eifer, daß die noch Lebenden von seinen Pfarrkindern ihn auf höchste preisen. Durch Verkehr mit Jesuitenmissionaren wandte er sein Herz diesem Orden zu und erlangte 1681 die Aufnahme. Nach dem Noviziat, nach einigen Jahren Unterricht in den Sprachen und nach Ablegung des vierten Gelübdes wurde er von den Oberen für die Arnsberger Mission bestimmt, wo er fast 30 Jahre die Aufgaben eines apostolischen Mannes musterhaft bis zu seinem Tode erfüllte. Wer kann seinen unermüdlichen Seeleneifer genügend beschreiben? Wer seine überaus tiefe Demut, wer seinen beständigen Gebetseifer, wer seine Anstrengungen im Ertragen von Mühen und Hunger, wer seine Liebe zur Armut, die er schätzte wie eine Mutter, da er aufs schärfste den Überfluß haßte, war seine Ausdauer bei Besuchen von Kranken und Vorbereitung von Sterbenden?
Obwohl er sich kaum auf den Füßen halten konnte, kroch er täglich zu den Hütten der Armen. Noch zwei Tage vor seinem Tode fragte er die ihm auf der Straße Begegnenden, ob sie wüßten, wer in der Stadt krank sei. Die Meinung von der Rechtlichkeit des P. Wilhelm herrschte in den Herzen, und gelegentlich nannte man ihn einen Heiligen. Daher wurde bisweilen beobachtet, daß Frauen mit ihrem Rosenkranz seine Kleidung berührten und ihn wie eine Reliquie bewahrten, die durch Anrühren an einen Heiligen geweiht sei. Nach zweitätiger Krankheit bei Abwesenheit der Missionare von einem Norbertiner, dem Pastor dieses Ortes, versehen, gab er ganz ruhig seinen Geist auf, wie er heilig gelebt hatte. Da wir eines eigenen Grabplatzes entbehren, wurde er im Kreuzgang der Herren Norbertiner beerdigt. Als die Leiche aus unserem Haus herausgetragen war, schritt ihr die studierende Jugend des hiesigen Gymnasiums voran. Ihr folgten die Herren Praemonstratenser in lager Reihe mit Trauermusik. Die Missionare gingen hinter dem Sarg, bekleidet mit Rochett und schwarzer Stola. Nachdem wir in der Abtei Wedinghausen angekommen waren und der Sarg inmitten der Kirche niedergesetzt war, wurde dem verstorbenen durch ein musikalisches Amt am Hochaltar, danach bis Mittag durch stille Messen an den Seitenaltären die Totenfeier gehalten.“
Autor: Dieter Holtheuer