Diese Wiese vor den 3 Reihenhäusern ist das Baugebiet, welches zukünftig „Zum Wietborn“ heißt. Die Scheue oben rechts im Bild wurde durch ein Feuer vollständig zerstört.
Das neue Baugebiet an der oberen Weststraße bekommt den Straßennamen „Zum Wietborn“.
Auf Vorschlag des Heimatvereins in Abstimmung mit dem Orstvorsteher Martin Beudel und Ortsheimatpfleger Werner Wanders wurde der neue Straßenname dem zuständigen Ausschuss für Jugend, Soziales und Kultur vorgeschlagen.
Was es mit dem Wietborn zu tun hat, schrieb unser verstorbenes Ehrenmitglied Friedrich Schleep in seinen Bericht aus dem Jahr 2001, den wir aus Anlass der Straßenbenennung noch einmal in Erinnerung rufen wollen.
Der Wietborn und der Opferteich – Friedrich Schlepp 01.09.2001
Diese beiden Quellteiche haben bei der früheren Besiedlung des heutigen Dorfes Westönnen ganz sicher eine bedeutende Rolle gespielt. Auch in der jüngeren Vergangenheit waren sie wichtiger als heute. Man denke in diesem Zusammenhang nur daran, dass unser Dorf erst ab 1970 an eine Wasserleitung angeschlossen wurde. Auch war die Menge des Quellwassers früher eindeutig größer. Das kann durch Schriftquellen, aber auch durch eigene Beobachtungen bestätigt werden.
Der Wietborn (gesprochen „Wuitborn“) liegt auf dem ehemaligen Hofe Kerkhoff und war früher von einem gepflegten Park umgeben. Von dem Park ist nichts geblieben. Die halbe Fläche dieser Anlage gehört heute zum Hofe Luig-Hünnies und wurde teilweise bebaut. Der Opferteich befindet sich westlich der Kirche. Über die Bedeutung der Namen oder ihre Herkunft ist nichts bekannt. Aber vielleicht ist dieses von Interesse: Der erste Nachbar des Wietborn, Herr Kleine, der in der Hohle Straße wohnte, wurde allgemein Wuithoff genannt. Wahrscheinlich ist die Bezeichnung uralt.


Über Generationen hinweg lernten die Kinder unseres Dorfes, dass der Westönner Bach auf Kerkhoffs Hof im Wietborn entspringt. Das Wasser findet dann seinen Weg durch den Anfang des Westönner Baches zwischen den Höfen Luig-Hünnies, Hesse-Kaune und Kerkhoff (heute: Schulze-Brünning). In den sechziger Jahren wurde der Bach bis zur Kirchstraße verrohrt (Bild links).
Wer heute den Wietborn sucht, wird ihn kaum finden, aber es gibt ihn noch. Er ist lediglich mit einem Kanaldeckel verschlossen.
Der Wietborn speist aber nicht nur den Westönner Bach, sondern in den dreißiger und vierziger Jahren versorgte er auch einen gepflegten Teich mit Wasser, in dem zeitweise Karpfen und zu einer anderen Zeit Forellen schwammen. Die Lebensbedingungen waren aber wohl nicht optimal für die Fische. Dieser Teich wurde später zugeschüttet, nachdem die Familie Kerkhoff 1979 den Hof verkauft hatte. Von dem Gewässer blieb nur eine nasse Wiese übrig (Bild rechts). (Anmerkung der Redaktion: Der Teich sollte vom Nachbesitzer noch mal frei gelegt werden, dazu ist es leider nicht mehr gekommen.)

Franz-Josef Schulze-Brünning, der das Wohnhaus Kerkhoff und die dazugehörigen Gebäude 1999 erwarb, versicherte dem Autor, dass er den Teich wieder freilegen will, zumal die Bodenplatte des alten Teiches noch erhalten sein soll. Wer sich auskennt und den Boden genau betrachtet, kann auch heute noch die Lage des ehemaligen Teiches erkennen.
Ein anderer Teil des Quellwassers wurde bergauf zur Sauerkrautfabrik gepumpt, die zum Hofe Kerkhoff gehörte. Die Saugleitungen sind noch vorhanden. Der Betrieb Kerkhoff hatte noch zwei zusätzliche Brunnen. Einer lag südlich der Fabrik. Ein zweiter Brunnen, der sehr ergiebig ist, liegt auch heute noch unter einem der Stallgebäude. Dieser Brunnen wurde vor wenigen Tagen gereinigt und liefert heute wieder sauberes Wasser.
Andreas Kerkhoff, der auf dem Hofe Kerkhoff aufwuchs, weiß zu berichten, dass es bis in die zwanziger Jahre eine Pferdeschwemme gab, die auch vom Wietborn gespeist wurde. An heißen Tagen konnten die Knechte mit den Pferden in das Wasser reiten, damit sich die Tiere nach der Arbeit abkühlen konnten. Der Duden sagt zur Schwemme: „Flache Stelle eines Gewässers als Badeplatz für das Vieh“.
Und nun zum Opferteich:
Das Wasser des Opferteiches fließt ein Stückchen in den Johann–Kettler-Park hinein, wo man gut beobachten kann, wie es dann durch ein Eisengitter in den Kanälen unter dem Rasen verschwindet, um den Westönner Bach zu erreichen.
Immerhin brachten die Quellen so viel Wasser, dass sie auch noch die Gräfte um das alte Pfarrhaus speisen konnten. Das ist ziemlich genau die Fläche des heutigen Kettlerparkes. Rudolf Preising schreibt dazu in seinem Buche „Westönnen – Geschichte eines Kirchspiels“ von 1977 auf der Seite 256:„Das Pfarrhaus , ein altes schönes Fachwerkhaus, ist heute im städtischen Besitz—-. In alten Zeiten waren Haus und Garten von einer breiten Gräfte umgeben, so dass das ganze Anwesen wie ein alter Gräftenhof wirkte. Der Zugang über die Gräfte lag an der östlichen Seite des Hauses. Unter Pfarrer Schütze (1864 – 1871) wurde die Gräfte zugeschüttet“. Warum das geschah, ist unbekannt.
Aber da waren noch andere Personen an der Nutzung des Wassers der Quellen interessiert. Heinrich Westhues bringt dazu einen interessanten Artikel in seinem “ HEIMATBUCH DES KIRCHSPIELS WESTÖNNEN“ von 1966. Es geht zunächst gar nicht um Wasser und seine Nutzung. In den Jahren von 1823 bis 1837 wurden „unkultivierte“ Gebiete nördlich der heutigen Bahnlinie neu erschlossen, verteilt und verkauft. Dabei spielten die Nutzung des Wassers und der Wasserrechte offensichtlich auch eine bedeutende Rolle. So heißt es auf der Seite 86: “ Laut Vertrag erklärt sich Frau von Papen —-bereit, zu gestatten, “ diejenigen Theile des Westönner Bruchs, welche den neuen Eigentümern zufallen werden und sich zur Wiesencultur eignen, jedes Jahr vier Wochen lang, vom 15. März bis zum 15. April, durch Benutzung des Westönner Baches zu bewässern“. Nur für den wahrscheinlich seltenen Notfall bei Wassermangel sollte das Bewässern der Wiesen entfallen, damit der Lohmühle genügend Wasser zur Verfügung stand.
Die Quellen stellten also in der Kalkulation der Lohmühle einen fester Posten dar. Wie wichtig unseren Vorvorderen dieser Vertrag war, mag man daraus ersehen, dass die Urkunde ihre letzte Anerkennung noch am 09.01.1837 in Münster fand.
Der Autor weiß aus eigener Anschauung, dass die Teiche hin und wieder von der Feuerwehr bei Übungen benutzt wurden. Frauen aus der Nachbarschaft spülten ihre Wäsche im Opferteich klar. Im dem Teiche lebten auch Stichlinge (kleine Fische bis 7 cm Länge, die drei Stacheln ausfahren können). Diese Fische wurden gerne von den Jungen des Dorfes gefangen.
Zu den Stichlingen gibt es eine lustige Geschichte. Dazu muss man wissen, dass die Osterliturgie in den dreißiger Jahren in manchen Teilen anders gefeiert wurde als heute. So wurde das Weihwasser schon am Karsamstag in aller Frühe geweiht. Da damals in allen Familien Weihwasser vorrätig war, und es auch regelmäßig benutzt wurde, war der Verbrauch groß. Vom Küster wurde ein Holzfass neben der Kirche aufgestellt und mit Wasser aus dem Opferteich gefüllt. Die Kirche hatte keine eigene Wasserversorgung. Ich denke, das Fass hatte etwa einen Durchmesser von 1,20 m und eine Höhe von 0,70 m. Nach der Weihe des Wassers rückten die Kinder des Dorfes mit Flaschen und Kannen an, um von dem Wasser zu schöpfen. In einem Jahr schwammen Stichlinge in dem geweihten Wasser. Wir Kinder kamen zu einer unerwarteten Freude. Wie die Fische in das Wasser kamen, blieb ein Rätsel.
Als in den sechziger Jahren die Straßen des Dorfes nach und nach asphaltiert wurden, bekam auch die Kirchstraße, die in einem Bogen um den Opferteich herumführt, eine neue Teerdecke. Da konnte man noch einmal die Kraft des Quellwassers sehen. Immer wieder brach an verschiedenen Stellen die Straßendecke auf, und das Wasser quoll zwischen den Steinen hervor.
Zum Schluss noch eine Anekdote, die mein Vater (geb. 1884) gerne erzählte: Sein Lehrer Fritz Flashar, der von 1866 bis 1902 in Westönnen wirkte, hatte folgende Erziehungsmethode. Wenn ein Schüler gar zu dreckig in die Schule kam, erhielt er einen Pfennig vom Lehrer geschenkt. Dafür hatte er Schmierseife beim Kaufmann Kappen, gleich neben der Kirche, zu erwerben. Bis zum Opferteich, wo dann die Wäsche zu erfolgen hatte, war es nicht weit.
Westönnen Online vom 01.09.2001 – Text + Fotos: Friedrich Schleep