Schon seit dem frühen 14. Jahrhundert ist die Schmerzhafte Mutter Gottes, auch Pieta oder Vesperbild genannt, ein Motiv der Bildhauerkunst. In vielen katholischen Kirchen finden wir diese Darstellung Marias mit dem auf ihren Knien ruhenden Leichnam von Jesus Christus.
Auch die Westönner Pfarrkirche beherbergt ein solches Standbild. Es steht – aus Eichenholz geschnitzt – im linken Seitenschiff und stammt aus dem letzten Quartal des 19. Jahrhunderts. (siehe Foto) In der Westönner Pfarrchronik steht auf Seite 12 dazu u.a. folgende Eintragung:
„ In dem oberen Teile der Westseite der Kirche (be)findet sich die Statue der Schmerzhaften Mutter Gottes, welche im Jahre 1881 aus der Hand des Bildhauers Kappen in Werl hervorging.“
Auf der Seite 17 notiert der Chronist:
„ Ein hohes Kreuz mit den nebenstehenden Statuen von der Hl. Gottesmutter und des Hl. Johannes, die aus der Hand des Bildhauers Kappen in Werl hervorgegangen sind, bilden eine schöne Zierde des Friedhofes.“(1/2)
Wer war nun der Bildhauer Kappen? (3) Mit Vornamen hieß er Friedrich Wilhelm und stammte aus der alten Hansestadt Medebach im Hochsauerlandkreis. Als Sohn des Zimmermanns Moritz Kappen und seiner Frau Helene, geborene Schmitz, wurde er am 23. März 1839 geboren. Zwischen 1882 und 1884 muß er nach Werl gekommen sein, denn 1882 wurde in Medebach sein Sohn Johann Wilhelm und 1884 in Werl seine Tochter Maria Josefine geboren.
In Medebach wurden dem Ehepaar vorher noch drei Kinder und zwar Johann Anton * 1877, Matthias Richard * 1878 und eine Tochter * 1880 geboren. Wilhelm Kappens Frau Maria war die Tochter eines Schneidermeisters Wulf aus Husen im Kreise Büren. Sie war zehn Jahre jünger als Wilhelm. Als sie am 07. Oktober 1897 in Werl an Influenza stirbt, wird ihr Alter mit 48 Jahren angegeben. Der Künstler selbst scheidet drei Jahre später, am 26. Januar 1900, an der Abzehrung aus dem Leben.(4)
1888 wohnte er in der Steinerstraße 37 und laut den Adreßbüchern der Jahre 1892/93 und 1900 in der Melsterstraße 314/1. (an dieser Stelle befindet sich heute die Fa. Radio Leber) Offenbar befand sich hier auch das Bildhaueratelier Kappens, denn vor ihm benutzte ein Stellmacher diese Räumlichkeiten als Werkstatt.
Außer der bereits erwähnten Statue der Schmerzhaften Mutter Gottes in der Westönner Pfarrkirche fertigte er für die Pfarrkirche St. Nikolaus in Freienohl im Sauerland 1890 eine neue St. Nikolaus Statue an.(5) Seine Begabung und sein Können zeigte er auch in der Bearbeitung von Sandstein. Hierzu können folgende Beispiele genannt werden. Für Werl gestaltete er 1885 unter anderem das Kriegerdenkmal in Form einer Germania (siehe Foto(6)) und 1890 einen Baldachin über der Kreuzigungsgruppe an der nördlichen Außenwand der Propsteikirche St. Walburga.(7)
Während der Baldachin heute noch zu besichtigen ist, wurde das Denkmal nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Es befand sich auf dem Platz zwischen der Propsteikirche und dem heutigen VHS Gebäude, der früheren Walburgis-Schule. F.J. Mehler beschreibt in der „Geschichte der Stadt Werl“ von 1891 u.a. auf Seite 395 die Einweihung des Denkmals: (…)
Am 5. September 1886 fand unter Beteiligung der städtischen Behörden, der Geistlichkeit, des Kriegervereins und sämtlicher Schulen die Feier der Enthüllung des seitens der Stadt neu errichteten Kriegerdenkmals statt. Dasselbe ist aufgestellt vor der 1871 gepflanzten „Friedenseiche“. Auf 5 m hohem Postamente von rötlichem Sandstein erhebt sich in weißem Sandstein gehauen die 2 m hohe Statue der Germania. (…) Das sehr gut ausgeführte Denkmal ist ein Werk des hiesigen Bildhauers Wilhelm Kappen (…)
Ferner lieferte er 1887 für die Wasserwerke Werl den Grundstein für das Wasserbassin an der Straße nach Wickede. (siehe Foto)(8)
Als weitere noch bekannte und erhaltene Statue muß das Kaiser Wilhelm I. Denkmal in Neuenrade genannt werden. 1891 wurde der Neuenrader Schützengesellschaft durch die Stadt erlaubt, bei der sogenannten „Kaisereiche“ ein Denkmal zu Ehren des Kaisers, der kurz vorher 1888 gestorben war, zu errichten. Für das lebensgroße Werk aus Sandstein erhielt Wilhelm Kappen 1200 Mark. (9)
Auch der erstgeborene Sohn Johann Anton erlernte das Bildhauer-Handwerk. Bekannt ist, daß er 1902 für drei Gräber in Werl die Denkmäler fertigte. (10) Am 13. August 1902 hatte er die aus Bittingen stammende Josefine Löbbecke geheiratet.
Quellen:
01-Schrift 150 Jahre Pfarrkirche Westönnen
02-Pfarrarchiv Westönnen/Pfarrchronik
03-Stadtarchiv Werl, Sammlung Berufe „Bildhauer“
04-Stadtarchiv Werl, Bestand Standesamtsregister
05-Meschede.de/Geschichte/Pfr.Kirche Freienohl
06-Stadtarchiv Werl, Foto-Sammlung
07-Foto D.Holtheuer/Febr.2014
08-Stadtwerke Werl, Festschrift 125 Jahre u.Archiv,Akte112
09-Neuenrade.de/Denkmal Wilhelm I.
10-Stadtarchiv Werl, Akten F 34/3 Bd.IX
Autor: Dieter Holtheuer