In unserem Beitrag vom 14. April 2013 hatten wir über den ehemaligen Westönner Hof Schleep-Büscher berichtet. Zugleich aber auch angekündigt einen Folgebeitrag über den letzten Besitzer des Hofes zu veröffentlichen. Dr. Franz Büscher war am 13. Februar 1928 in Essen gestorben. Einen Tag später widmete die Essener Volkszeitung dem Verstorbenen einen ausführlichen Nachruf. Dieser berichtet alles und umfangreich über das Leben des Dr. Franz Büscher. Westönnen-Online hat aus diesem Grunde den Text nachstehend wortwörtlich übernommen.
Im gleichen Umfang dokumentiert die Essener Volkszeitung drei Tage später, am 17.02.1928, die Beisetzungsfeier.
Essener Volkszeitung vom 14. Februar 1928
LANDGERICHTSPRÄSIDENT BÜSCHER +
„In der Nacht zum Montag ist der langjährige Präsident des Essener Landgerichts, Geh.Oberjustizrat Dr.Franz Büscher , im 79 Lebensjahre ziemlich unerwartet gestorben.
Mit dem alten Herrn, der bis in die letzten Wochen seines arbeitsreichen Lebens und erfolggekrönten Wirkens rüstig war, ist eine der markantesten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unserer Stadt dahingeschieden, der Mann, dem nicht nur die Rechtspflege viel zu verdanken hat, der vielmehr auch über den Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hinaus an der Entwicklung des wissenschaftlichen und kulturellen Lebens der Stadt Essen verdienstvollen Anteil genommen hat. Ein Sohn der Rote Erde, war er ein Mann des Rechtes und der Tat, erfüllt von zäher, unbeugsamer Energie, gepaart mit eisernem Selbstbewußtsein und den hohen Idealen seines Berufes.
Schon in den 70er Jahren finden wir ihn als jungen Richter in Essen seines Amtes walten, und seit jener Zeit hat er unsere Stadt wohl vorübergehend verlassen, weil es der Dienst so mit sich brachte, aber die Beziehungen zu Essen hat er seitdem nicht mehr unterbrochen. Reichlich zwei Jahrzehnte hat er das Amt des Präsidenten am Essener Landgericht verwaltet, bis er, nicht etwa aus Gesundheitsrücksichten, sondern ausschließlich aus Dienstaltersrücksichten Veranlassung nahm, in den Ruhestand zu treten. Dies war im Jahre 1921. Kurz vorher hatte die preußische Bundesversammlung das Gesetz über die Dienstaltersgrenze der Beamten beschlossen. Nun ist auch er von Gott zur Ewigkeit abberufen.
Landgerichtspräsident Dr. Büscher war geboren am 22. September 1848 in dem Orte Westönnen im Kreise Soest. Er besuchte das Gymnasium in Paderborn und studierte ausschließlich an der Universität Bonn. Dort holte er sich auch den Doktorhut, und zwar promovierte er mit der wissenschaftlichen Arbeit über die Offizialatgerichte im ehemaligen Herzogtum Westfalen. Im jungen Alter von 22 Jahren trat er am 31. Oktober 1870 in den Justizdienst ein. Am 1. Februar 1877 wurde er als Kreisrichter in Essen angestellt. Am 1. Oktober 1879 erfolgte seine Bestallung als Amtsrichter in Essen. Die folgenden vier Jahre wirkte er in dieser Eigenschaft am Essener Amtsgericht, bis er am 1. Mai 1883 als Landrichter nach Duisburg versetzt wurde. Dort verblieb er ungefähr ein Jahrzehnt. Er saß dort mit in der Strafkammer, die als erste über den von der preußischen Staatsregierung inkriminierten Aufruf zur Ostermontags-Versammlung 1884 in Köln wegen Rückberufung des Erzbischofs Melchers zu befinden hatte und zu einem freiberechenden Ergebnis gelangte.
Am 1. Oktober 1892 siedelte er als Oberlandesgerichtsrat nach Hamm über, bis er am 1. Juli 1894 zum Landgerichtsdirektor in Münster ernannt wurde. Sechs Jahre lang verblieb er auf diesem Poste. Dann kehrte er nach Essen zurück, um unsere Stadt nicht mehr zu verlassen. Im August 1899 wurde er als Nachfolger des langjährigen Essener Landgerichtspräsidenten Geh. Oberjustizrat Korn, der kurz zuvor in den Ruhestand getreten war, zum Präsidenten des Essener Landgerichts ernannt. Das Amt, das er am 1. Januar 1900 antrat, an jenem für die preußische und deutsche Rechtspflege denkwürdigen Tage, an dem das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trat. Im Dezember 1907 erfolgte seine Ernennung zum Geh. Oberjustizrat. Am 1. April 1921 trat Landgerichtspräsident Dr.Büscher, nachdem er 50 Jahre seines arbeitsreichen Lebens dem Staat und der Rechtspflege gewidmet hatte, in den Ruhestand.
Er hat während seiner Amtstätigkeit in Essen sich um die Förderung der Rechtspflege im Landgerichtsbezirk Essen, dem zweitgrößten im preußischen Staate, unbestrittene und dauernde Verdienste erworben, und vor allen Dingen ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, daß der prächtige Justizpalast, der heute am Haumannshof steht, sein Werk ist. Unvergessen ist die zähe Energie, die Landgerichtspräsident Büscher seinerzeit in der Geschichte des Justizbaues entwickelt hat. Er vertrat mit aller Entschiedenheit das Projekt, das Justizgebäude am Haumannshof zu errichten. Es gab damals scharfe Kämpfe, und nicht viel hat gefehlt, und das Justizgebäude hätte heute an der Eickenscheidter Fuhr gestanden. Die Zeit hat dem alten Herrn recht gegeben. Im März 1913 war das neue Justizgebäude am Haumannshof bezugsfähig, und im Mai des Jahres erlebte Landgerichtspräsident Dr. Büscher die Freude, seine Bemühungen durch die feierliche Einweihung des Justizbaues gekrönt zu sehen. Nur wenigen Eingeweihten dürfte es bekannt sein, daß er den Justizfiskus veranlaßt hat, den an das Justizgebäude angrenzenden Grundbesitz käuflich zu erwerben, und zwar als Terrain für ein Geschäftsgebäude für das zukünftige Oberlandesgericht in Essen.
Aber neben den aufreibenden Dienstgeschäften fand Landgerichtspräsident Büscher auch noch Zeit, sich im Dienste der Stadt Essen zu betätigen. Schon als junger Kreisrichter war er hier in Essen mit dem späteren Kardinal und Erzbischof Fischer in nähere Verbindung getreten, als dieser als Religionslehrer am Burggymnasium hier wirkte. Von Kardinal Fischer erhielt er den Impuls, um die katholische Töchterschule B.M.B. sich zu bemühen, was er mit rührendem Eifer getan hat, ein besonderer Beweis für seine freundliche Überzeugung. Auch auf kunst- und lokalhistorischem Gebiet hat er sich erfolgreich betätigt. Bekannt sind beispielsweise seine wertvollen Beiträge, die er zur Geschichte der Stadt Essen und des Stiftes Essen geschrieben hat. Und dieser Aufgabe hat er sich auch noch mit großer Hingabe während der sieben Jahre gewidmet, die er im Ruhestand verlebte.
Landgerichtspräsident Büscher hinterläßt fünf Kinder (zwei Söhne und drei Töchter). Ein schwerer Schlag, von dem er sich nie vollständig erholt hat, traf ihn im vorigen Sommer, als seine Tochter, die Frau des Landgerichtsdirektors Schroeder in Bielefeld, starb. Bis in die letzten Lebenstage hinein hat Landgerichtspräsident Büscher sich seine alte Anhänglichkeit an das Justizgebäude bewahrt. So häufig sah man ihn ein und aus gehen und mit lebhaften Interesse Anteil nehmen an der Abwicklung der Dienstgeschäfte. Seit acht Jahren war aber der alte Herr an das Zimmer gebannt. Eine Erkältung, die er sich der gegenwärtigen tückischen Witterung zugezogen hatte, warf ihn auf das Krankenbett, von dem er sich nicht mehr erheben sollte. Zu der Erkältung trat eine Komplikation hinzu, und in der Nacht um 1 Uhr verschied er nach kaum achttägigem Krankenlager.
Mit dem Geh. Oberjustizrat Dr. Büscher ist ein Mann von hohen Verdiensten um die preußische Justiz aus dem Leben geschieden, aber gleichzeitig ein treuer Sohn der katholischen Kirche, den enge Bande der Freundschaft mit dem unvergeßlichen Geheimrat Dr. Laarmann verknüpften. Mit Dr. Cardauns, dem langjährigen Chefredakteur der „Köln. Volkszeitung“, ist er von seiner Bonner Studienzeit zeitlebens nahe befreundet geblieben. Das Ableben des alten Herrn wird allenthalben eine gerechte Trauer hervorrufen, denn von ihm darf gesagt werden, daß er keine Feinde, nicht einmal Gegner gehabt haben dürfte. Gott gebe ihm die ewige Ruhe.
Die Stadt Essen hat die Verdienste, die sich Landgerichtspräsident Büscher um das öffentliche Wohl erworben hat, dauernd dadurch gewürdigt, daß sie einer Straße seinen Namen gegeben hat.“
Nachzutragen ist noch folgende Information: In den Beiträgen des Essener Historischen Vereins von 1928 erschien natürlich auch ein umfangreicher Nachruf. Hieraus ist folgende Zeile hoch interessant: “ Von zwei Aufgaben, die Büscher während seines letzten Lebensjahres in Anspruch genommen haben, ist nur die eine zum Abschluß gekommen, die Darstellung der Geschichte seines Heimatortes Westönnen bei Soest, ein Denkmal treuer, pietätvoller Heimatliebe…….“
Trotz vieler Bemühungen ist diese Schrift zur Zeit nicht auffindbar!
Autor: Dieter Holtheuer