Ein beachtenswertes Kreuz am Kirchplatz
Fräulein Emmy Klemp war von 1919 bis zu ihrer Pension im Jahre 1958 in Westönnen an der Katholischen Volksschule als Lehrerin tätig. Hauptschulen oder Grundschulen gab es damals noch nicht. Sie arbeitete also 39 Jahre in unserem Dorf. Vielen der älteren Mitbürger ist sie wohl noch in guter Erinnerung. Wer lernen wollte, war bei ihr gut aufgehoben. Wer etwas aufzuholen hatte, konnte auch am Nachmittag ihre Hilfe finden.
Nun wird allgemein erzählt, dass sie in Westönnen ihre erste Stelle angetreten hätte und bis zu ihrer Pension an der gleichen Schule blieb.
Da stellt sich eine Frage: Fräulein Klemp wurde am 13.12.1892 in Unna geboren, wäre also bei ihren Dienstantritt Ostern 1919 schon 26 Jahre alt gewesen. Wie ist das zu erklären? In der damaligen Zeit gab es zu viele Lehrer, was man sich heute vielleicht kaum vorstellen kann. Mir sind etliche Lehrer bekannt, die verspätet oder im deutschen Osten oder gar keine Anstellung in ihrem Beruf bekamen. Das könnte auch für Fräulein Klemp zutreffen.
Auch wurde immer wieder erzählt, dass sie nicht einen Tag wegen Krankheit in der Schule gefehlt hätte. Das wird wohl nicht zu überprüfen sein, aber es steht fest, dass es in ihrer Zeit in Westönnen kranke Lehrpersonen gab, die zum Teil auch entlassen wurden.
Jedenfalls hat sie fleißig und zuverlässig gearbeitet und man hat ihr wohl eine gute Zeit als Pensionärin gegönnt. Aber das war nicht so. Sie ging Ostern 1958 in Pension und starb schon am 06.10.1959. Sie hatte noch eine Wohnung in dem neuen Haus an der Schützenstraße 26 bezogen, das von Fritz Nieder erbaut worden war.
Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf unserem Friedhof an dem Hauptweg am Ende der Blutbuchenallee rechts. Der Platz ist noch da. Er wurde nicht wieder belegt, aber gepflegt wurde er auch schon lange nicht mehr. (Siehe Foto!)
Viele Jahre wurde die Gruft durch ein schönes Kreuz geschmückt. Es stammt aus der Werkstatt der Gebrüder Düchting in Soest. Das stürzte eines Tages um. Man richtete es noch einmal auf, aber die Befestigung mit einfachen Dübeln hielt nicht lange.
Dann nahm sich Pfarrer Gotthard Spannenkrebs des Kreuzes an. Das Holz ist wohl noch gesund. Er ließ es aufarbeiten und stellte es in den Garten der alten Schulvikarie von 1665,
die 1984 aufwändig erneuert und zum Pfarrhaus umgebaut worden war. Der alte Nutzgarten ist heute eine gepflegte Rasenfläche. Als Pfarrer Spannenkrebs die Gemeinde 2005 aus Altersgründen verließ, stand die Wohnung bis zum Februar 2006 leer. Dann zog Karsten Heimann mit seiner Familie in das Pfarrhaus. Damit das Kreuz nicht zu Schaden kam, wenn Kinder auf dem Rasen spielten, bekam es einen würdigen neuen Platz. Nun steht es zwischen dem Pfarrheim und dem Pfarrhaus am Rande des Kirchplatzes, am Rande des alten Friedhofs.
Der Name EMMY KLEMP, das Geburtsdatum und der Sterbetag sind auf den Stamm des Kreuzes gut zu lesen. Sicher wird mancher Besucher achtlos an dem Kreuz vorübergehen, aber es wird auch eine Erinnerung sein und vielleicht noch lange bleiben.
Noch etwas aus dem Leben von Emmy Klemp: Sie war nie meine Lehrerin, aber man kam an ihrer Wohnung vorbei, wenn man zur Schule ging. Sie wohnte nämlich in dem Hause Romberg an der Breite Straße (heute Nr. 33), das sich heute im Besitz der Familie Heimann befindet. Ihre Wohnung war über der Tenne. Eines Tages gab es da einen Brand. Die Feuerwehr war schnell zur Stelle. Warum ich auch da war und zusehen konnte, weiß ich nicht. Wir Kinder standen auf einer Wiese, wo heute die Volksbank ist.
Damals hatten die Feuerwehrleute noch Lederhelme und Leinengurte an denen in einem Lederfutteral ein Beil hing. Mit kleinen Steigerleitern, die oben einen Haken hatten, erreichte man schnell den Brandherd, nachdem ein Fach zwischen den Balken mit den Beilen herausgeschlagen war. Der Brand war bald gelöscht.
Eine andere lustige Geschichte: Die Straßen waren in Westönnen wie auch anderswo miserabel. Das erste Straßenstück, das in Westönnen asphaltiert wurde, begann auf der „Breite Straße“ und zwar mitten vor der Besitzung Romberg, da wo der Fußweg auf die Straße mündete. Die Einfahrt blieb unbearbeitet. Die Asphaltdecke reichte dann genau bis zum Eingang auf den Schulhof, so wie er heute noch zu sehen ist. Da wurde im Dorfe gespottet, man hätte die Straße eigens für Fräulein Klemp ausgebaut, damit sie mit sauberen Schuhen die Schule erreichen konnte.
Als 1929 das Lehrerhaus an der „Breite Straße“ gebaut wurde, die heutige Kindertagesstätte,
konnten zwei Lehrer mit ihren Familien dort einziehen. Fräulein Klemp wohnte von da an
in der Wohnung im Obergeschoss der Schule. Sie teilte diese Wohnung lange mit ihrer Kollegin Fräulein Hedwig Fantini.
Autor: Friedrich Schleep