IN DEN BIRKEN und WESTÖNNER BRUCH 1822/1838 – Unter diesem Titel hat Franz Döringhoff aus Gerlingen 1983 in den Mitteilungen der Werler Arbeitsgemeinschaft für Familienforschung im Band 2 / Heft 3 / Jahrgang 4 auf Seite 66 – 69 folgenden Beitrag veröffentlicht. Die Werler Arbeitsgemeinschaft erlaubt Westönnen Online, den sicherlich für Westönnen interessanten Artikel auch zu publizieren. Einen Kartenausschnitt von ca. 1840 mit den Gebieten „Die Birken“ und „Westönner Bruch“ hat Online hinzugefügt. Diese Landschaften, sowie der genannte „Kuhstall“ haben wir rot gekennzeichnet.
Die Königliche Regierung und das Königliche Hofgericht zu Arnsberg beauftragten am 24. April bzw. am 5. Juni 1822 den Justiz-Amts-Assessor die Aufteilung als Commissar nach der Verordnung vom 9. Juli 1808 zu bearbeiten. Das Westphälische-Märkische-Intelligenz-Blatt machte den Liquidationstermin vom 18. Febr. 1823 bekannt. Weitere Bekanntmachungen erfolgten durch Anschläge an den Kirchentüren zu Werl, Bremen und Westönnen.
Zum Curator wurde der Hofgerichts-Advokat und Bürgermeister Schroeder zu Werl ernannt. Nach dessen Tod nahm der Hofgerichts-Advokat Ley zu Werl sein Amt an. Die geometrischen Arbeiten übernahm der Geometer Padberg. Zu den Taxatoren wurden bestellt: Sebastian Linhof gt. Blome zu Sieveringen, Eberhard Kock zu Bergstraße und Heinrich Riße gt. Stoltefaut zu Mawicke. Am 20. Sept. 1823 war die Amtseinführung. Der Geometer Padberg wurde an seinen Diensteid erinnert und die Taxatoren vereidigt.
Die Gemeinheitshude WESTÖNNER BIRKEN lag am südlichen Rand der Gemarkung Westönnen etwa 2 km vom Dorf entfernt. Sie befand sich in einem ziemlich unkultivierten Zustand und war teilweise mit Birken bewachsen. Die Nutzung stand den Bauern aus Westönnen und Gerlingen zu, der Gemeinheit (anderenorts vergleichbar Allmende genannt). Innerhalb der Gemeinheitshude IN DEN BIRKEN trug eine Flur den Namen KUHSTALL. Ob dort tatsächlich einmal ein stallähnliches Gebäude gestanden hat, das Hütejungen und Vieh bei plötzlich auftretendem Unwetter Schutz bot? Außerdem mußte auch bei schlechtem Wetter gehütet werden und die Hude war weit.
Der WESTÖNNER BRUCH befand sich in einem ähnlichen Zustand. Er lag am Mühlbach in dem Bereich, wo der Siepenbach in ihm einmündet.
Am Liquidationstermin nahmen die Servitutberechtigten teil.
1. Aus Westönnen die 50 Anbauer für ihre Hudeberechtigung in den Birken und auf dem Bruch.
2. Die Westönner Schulvikare für ihre Hudeberechtigung in den Birken und auf dem Bruch.
3. Heinrich Menze zu Gerlingen für seine Schafhudeberechtigung in den Birken.
4. Die Gemeinheit Gerlingen für seine Berechtigung zur Hude in den Birken mit Rindvieh, Pferden und Schweinen. Aus Gerlingen waren berechtigt Menze, Struve-Döringhoff, Ferdinand Steven und Franz Overhoff.
5. Herr von Papen zu Lohe, dessen Erben, für die Bewohner der Lohmühle und des Gänsehäuschens zustehende Hude mit Kühen, Rindern und Gänsen und für die dem Haus Lohe zustehende Schweinehude auf dem Bruch.
6. Die fünf Kötter des Hauses Lohe für eine Hudeberechtigung mit Rindvieh und Gänsen auf dem Bruch.
In die Abfindungsmasse dieser Berechtigungen flossen aus der Gemeinheit in den Birken 100 Morgen 178 85/100 Ruthen im Wert von 472 Rthlr. 10 Sgr. 5 ch und aus der Gemeinheit auf dem Bruch 74 Morgen 72 61/100 Ruthen im Wert von 518 Rthlr. 10 Sgr. 4 ch. Struve, Steven und Overhoff erhielten je 2 Morgen 108 Ruthen im Wert von 9 Rthlr. 3 Sgr.
Alle übrigen Teilungsinteressenten, nämlich sämtliche Gemeinheitsglieder zu Westönnen, die Pastorat, die Küsterei, der Herr von Papen zu Lohe, Erben, die Ehefrau Pielsticker zu Westönnen als Ankäuferin des von Geierschen Guts und die fünf Geierschen Kötter, waren an der restlichen Teilungsmasse beteiligt nach Maßgabe der ihnen zustehenden ganzen oder teilweisen Bauerngerechtigkeiten. Es handelte sich in den Birken um 399 Morgen, 29 25/100 Ruthen (Wert: 1695 Rthlr. 29 Sgr. 2 ch) und auf dem Bruch um 248 Morgen, 41 70/100 Ruthen (Wert: 1912 Rthlr. 20 Sgr.)
Man einigte sich darauf, die Teilung, nach Klassen durchzuführen.
1. Vollspänner des 1.2.3. und 4. Ranges
2. Dreiviertelspänner
3. Halbspänner des 1. und 2. Ranges
4. Achtelspänner
Zu dieser Teilung ergingen noch folgende Beschlüsse:
Laut Vergleich vom 6. Febr. 1828 und 19. Juli 1831 hatte jeder Anbauer von der ihm kostenfrei zugemessenen Abfindung, gleich ob aus den Birken oder dem Bruch, einen jährlichen, ablösbaren dem Abzug des Steuerfünftels nicht unterworfenen Canon von 25 Sgr. an die Communalkasse der Gemeinheit Westönnen zu entrichten. Der Canon ruhte als dingliches Recht auf dem Grund und Boden der Abfindung und wurde gerichtlich eingetragen.
Laut Vergleich vom 7. September 1833 schuldeten Peter Vogelsang und Nachfolger, die Eheleute Fritz Plettenberg und Angel geb. Vogelsang von der Abfindung in den Birken, Nr. 59, in Größe von 1 Morgen 93 50/100 Ruthen einen jährlichen Canon von 10 Sgr. , der wie oben zu behandeln war.
Laut Vergleich vom 21. Febr. und 27. Sept. 1832 schuldeten die Erben von Papen von der ihnen wegen der den Bewohnern der Lohmühle und des Gänsehäuschens zugestandenen Hufe und wegen der Schweinehude des Hauses Lohe zugeteilten Abfindung (3 Morgen 121 12/100 Ruthen) auf dem kleinen Bruch einen jährlichen Canon von 1 Rthlr. 30 Stüber gemein Geld oder 1 Tlr. 4 Sgr. 7 Pfg. Courant.
Über die Bewässerung des Bruchs wurde am 20. Juli 1831 mit der Vormundschaft der Minderjährigen von Papen zu Lohe folgender Vergleich geschlossen:
1. Frau von Papen, Vormünderin ihrer Kinder Friedrich, Leopold und Franz Egon von Papen, gestattete verbindlich, daß die Teile des Bruchs, die nach Ermessen ihrer neuen Eigentümer zur Wiesenkultur sich eigneten, jedes Jahr vom 15. März bis 15. April durch Benutzung des Westönner Baches bewässert werden durften, Bei Bedarf konnte der Bach sogar von den Anliegern gestaut werden. Sollte allerdings durch eine Stauung jemand Schaden erleiden, hatten nicht die Herren von Papen sondern die Bewässerer den Schaden zu vertreten.
2. Für den Fall, daß durch Wassermangel und trotz Hinzuziehung der drei andern Bäche der Betrieb der Lohmühle nicht gewährleistet wäre, hatte die Bewässerung und Stauung sofort zu unterbleiben. Das Haus Lohe war aber zu einer entspr. Mitteilung an die Wieseneigentümer bzw. Pächter verpflichtet.
3. Solange die Mühle mit einem ihrer drei Gelinde (1) ununterbrochen mahlen konnte, durfte die Bewässerung nicht untersagt werden. Bei Meinungsverschiedenheit hatten beide Teile einen gemeinsamen Sachverständigen zu ernennen. Bei Uneinigkeit über den Sachverständigen sollte die Ortspolizeibehörde und der Distriktsbürgermeister einen solchen benennen. Gegen diese getroffene Wahl war ein Widerspruch ausgeschlossen.
4. Außer vom 15. März bis 15. April fand keine Bewässerung statt.
5. Beide Teile verzichten auf ihren bisherigen Rechtsstreit und allen Schaden, der bisher entstanden war, und die rückständigen Zahlungen zu leisten.
6. Beide Teile verzichteten weiter auf alle nur denkbaren Einwände gegen diesen Vergleich. Beide Teile haben dieses Protokoll unterschrieben.
Franz Beuckmann zu Bergstraße hat als Besitzer der Luigsmühle das Recht angemeldet, bei der Reinigung des Mühlenbaches den Unrat auf das linke Ufer zu werfen, zum Bruch hin. Das gleiche Recht meldeten auch die Erben von Papen an für alle zum Betrieb der Lohmühle dienenden Bäche, bes. des Bornbachs und Siepenbachs. Beide Rechte wurden als fortbestehend anerkannt. Die davon betroffenen Anlieger hatten das Ablagern zu dulden.
Auf dem Bruch standen einige Bäume, die einzelnen Gemeinheitsgliedern gehörten. Die neuen Eigentümer des Grundes konnten verlangen, die Bäume binnen Jahresfrist nach vollzogener Teilung zu schlagen, oder sie zum Taxwert zu erwerben.
Die Grenzberichtigungen und Vermessungen nahmen 10 Jahre in Anspruch. Am 5., 6. und 7. Sept. 1833 wurden die Interessenten mit den neuen Plänen bekanntgemacht und eingewiesen. Alle erkannten sie als richtig an. In ein paar Fällen wurde eine Verlosung der Pläne vorgenommen. Ende des Jahres 1833 konnten die Interessenten ihre neuen Grundstücke in Besitz nehmen.
Nachdem nun alle Beteiligten an Ort und Stelle eingewiesen und jeder in sein Eigentum eingesetzt war, erkannten alle die geschlossenen Vergleiche an und weiter, daß die Teilung überall richtig vollzogen wäre. Außerdem verpflichteten sie sich und versprachen, die Eintragung der Eigentumsveränderungen beim Grundsteuer-Cataster zu bewirken.
Am 20. Juni 1837 unterschrieben alle Beteiligten diese Vereinbarungen. Jeder künftige Vorsteher des Dorfes Westönnen hatte die Hauptausfertigung des Rezesses aufzubewahren und jedem Beteiligten zu jeder Zeit Einsicht zu gewähren.
Werl, den 9. Januar 1838
Königlich Preußische General – Commission zur Regulierung der gutsherrlich – bäuerlichen Verhältnisse und der Gemeinheitsteilungen in Westphalen pp.
(1)= Gang in der Kornmühle (F. Woeste, Wörterbuch der Westf. Mundart, Schaan/Lichtenstein 1982, s.75)
Quelle: Akte im Hofesarchiv Döringhoff zu Ense-Gerlingen
Veröffentlich in: Mitteilungen der Werler Arbeitsgemeinschaft für Familienforschung. Jahrgang 4 (1983) Bd. 2 / Heft 3
Autor: Dieter Holtheuer