Es gibt nur wenige Orte im Kirchspiel Westönnen, welche obwohl sie in der freien Feldflur liegen trotzdem einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Ein solcher Ort liegt auch zwischen Westönnen und Mawicke, mit der Flurbezeichnung „Am Scheidedorn“ (Am Scheidbusch).
Die Deutung des Flurnahmens scheint leicht zu sein; eine Dornenhecke als Grenze zwischen den Dörfern. Die phantasievollen Westönner bevorzugten jedoch eine andere Erklärung. Aufgrund seiner Lage am Hellweg spielte Westönnen auch zur Zeit Napoleons eine besondere Rolle. Fest steht, dass sich die Soldaten Napoleons während ihres Durchmarsches nach Osten 1812 in Westönnen aufgehalten haben. Bei der Weiterreise der Soldaten fanden hier wehmütige Verabschiedungen von jungen, schönen Westönnerinnen statt. Die Scheidung war dornig, daher “Scheidedorn“.
Jeder kann sich vorstellen, dass solche Verabschiedungen, allerdings unter Mawicker und Westönner Pärchen, bis in die heutige Zeit stattgefunden haben müssen. Man erzählt sich, das gerade zur Schützenfestzeit beiderorts die ruhige Lage dort gerne genutzt wird.
Das dieser schöne Ort unmittelbar am alten Hellweg liegt gibt ihm zusätzlich noch eine besondere Bedeutung. Es ist anzunehmen,dass über ihn bereits die römischen Legionen marschiert sind, als sie vom Rhein her tiefer nach Osten in das germanische Land eindrangen.
Einige Jahrhunderte später stampften die Heerhaufen des Frankenkaisers Karl den gleichen Weg, um das Sachsenvolk unter Widukind in die Knie zu zwingen. Genauso zogen die Söldner des Erzbischofs von Köln zur Fehde gegen die alte Stadt Soest. Die Reichtümer der Hansestadt bewegten sich nach West und Ost, wie später die Regimenter Napoleons zum Krieg nach Rußland. Am 07.04.1945 lagen am Scheidedorn amerikanische Panzer in Stellung. Nach dem Bau der Chausee 1822-1823, wie auch nach der Seperation 1910, ist der „Alte Hellweg“ außerhalb der Dörfer nur noch auf einigen Teilstücken, wie auch am Scheidedorn, vorhanden. Sehr viele Abschnitte wurden zu Ackerflächen umgewandelt, auf denen man im Sommer an der unterschiedlichen Färbung des Getreides den alten Verlauf zur richtigen Zeit noch erkennen kann.
Im Sommer 1996 wurde zwischen den beiden Ortsvorstehern der benachbarten Dörfer Willi Sasse und Hans Hausmann auf dem Westönner Schützenfestfrühschoppen der Entschluss gefasst die alte Tradition an der Flurgrenze neu zu beleben. Der Ort sollte durch eine Umgestaltung aufgewertet werden und so erklärte sich Herr Terbrüggen vom Kreis Soest noch während des Frühschoppens bereit eine Linde zu stiften. Helmut Schmiegel vom Kommunalbetrieb Werl organisierte dazu eine Ruhebank. Willi Sasse spendete ein kurzes Stück Kanalrohr, um ein sicheres Depot für die Labeflasche zu schaffen. Zur Einweihung versammelten sich viele Westönner und Mawicker Bürger um der Segnung durch Pfarrer Gotthard Spannenkrebs beizuwohnen. Er war es auch, der den ersten Klostertropfen trank, um der Zeremonie einen würdigen Abschluss zu bereiten. Bis zum heutigen Tage können angemeldete Gäste immer mit einem guten Tropfen rechnen.
Zwölf Jahre später plante die Westönner Firmgruppe „Superkids“ im Rahmen ihrer Firmvorbereitung ein besonders ehrgeiziges Projekt,welches die seit fast 5 Jahren bestehende Jugendgruppe(Schützenjugend) nachhaltig hinsichtlich der Pflege binden sollte.
Unter der Leitung von Christoph Zeppenfeld und Benedikt Böhmer wurde gemeinsam mit den 13- bis 14-jährigen Jugendlichen am 21.11.2008 ein Feldkreuz aufgestellt, welches den Namen „Kreuz der Westönner und Mawicker Jugendfreundschaft“ trägt. Mit der Aktion sollte auch die seit Jahren sehr gut funktionierende gemeinsame BdSJ-Jugendarbeit der beiden Dörfer zum Ausdruck gebracht werden. Der jährlich stattfindende Jugendkreuzweg hat nun eine weitere Station. Noch am Tag des Aufstellens wurde das Kreuz durch Propst Michael Feldmann und Vikar Uwe Kolkmann gesegnet. Das besagte Kreuz hatte die Firmgruppe im Vorfeld unter Mithilfe der Zimmermänner Christof Bömelburg und Winfried Arens aus Eichenstämmen angefertigt. Der Fundamentbau und die Kupferabdeckung wurden durch Wolfgang Wiemhöfer gestiftet. Der fehlende Corpus ist mittelfristig vorgesehen. Zur Finanzierung des Projektes stellte die Jugendlichen ihre Arbeitskraft in Form von häuslichen Diensten zur Verfügung.
Ein Jahr später, nachdem feststand, dass es in Westfalen einen zweiten durchgehenden Jakobsweg von Höxter nach Bochum geben wird , wurde durch Christoph Zeppenfeld und Willi Sasse die Idee geboren, hier an diesem historischen Ort einen Ruheplatz für die Jakobspilger anzulegen. Willi Sasse setzte seine Verbindungen als Ortsheimatpfleger ein, um sicherzustellen, dass der Westönner- Mawicker Verlauf des Weges auch wirklich über den „Alten Hellweg“, am Scheidedorn vorbeiführt.
Sehr schnell begannen Fritz Kenter und Willi Sasse dann mit der Ausführung der Arbeiten. Unter Einbezug des Westönner Grünsandstein wurden zwei Ruhebänke angefertigt. Christof Bömelburg und Winfried Arens fertigten aus dem von Willi Sasse gespendeten Eichenstämmen zwei ansehnliche Auflagen. Durch Heinz Rohrer wurde der Grünsandstein mit eingearbeiteter Jakobsmuschel angefertigt.
Erst vor wenigen Wochen wurde der Westönner Rastplatz „Am Scheidedorn „ von Frau Ulrike Spichal anlässlich der Eröffnungsfeier dieses Teilstückes in Soest Patrocli vorgestellt.
So findet dieser auch seine Erwähnung in dem vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe herausgegebenen Wegweiser“Wege der Jakobspilger in Westfalen“ Band 8 (J.P. Bachem Verlag).
Wenn man dem Kilometerstein mit Kilometerzahl 2250 am Soester Jakobitor, direkt neben dem Jakobibrunnen am Pilgrimhaus gelegen, Glauben schenken kann, so sind es dann von der Westönner Raststätte am Scheidedorn nur noch 2240 KM bis Santiago de Compostela.
Bildbeschriebungen
Bild 1: Foto mit Blick auf den Westönner Kirchturm. Der ursprüngliche Verlauf des „Alten Hellweg“ führte über das auf der linken Seite vom Weg gelegene Weizenfeld in Richtung des weißen Hauses. Im Sommer kann der aufmerksame Wanderer an der unterschiedlichen Färbung des Getreides den ursprünglichen Verlauf ausmachen.
Bild 2:Foto mit Blick auf die Westönner Schützenhalle
Bild 3:Foto mit Blick nordöstlich Richtung Mawicke.
Autor: Christoph Zeppenfeld