Wann wurde das alte Pfarrhaus abgebrochen?
Diese Frage stand am Anfang. Natürlich gibt es in Westönnen noch etliche Bürger, die das alte Pfarrhaus kannten. Es gibt auch einige Bilder von diesem Gebäude, aber die genaue Antwort auf die oben genannte und öfter gestellte Frage konnte niemand beantworten.
Der Stadtarchivar Heinrich – Josef Deisting war der Helfer. Abgebrochen wurde das Pfarrhaus am 18.07.1977. Aber wie es im Leben geht; eine Frage eröffnet oft eine oder mehrere neue Fragen. Herr Deisting hatte aus dem Archiv der Stadt Werl noch mehrere interessante Fakten zur Hand, die teilweise in diesen Bericht einfließen sollen.
Eine wichtige Frage ergab sich sofort: Warum wurde das alte Gebäude abgebrochen?
Da setzen meine eigenen Erinnerungen ein. Der letzte Priester, der das alte Pfarrhaus bewohnte, war Alfred Meyer, der von 1937 bis 1958 in Westönnen Pfarrer war. Vorher war er Pfarrer in Aschersleben in Sachsen. Als Messdiener lernte ich ihn bald näher kennen.
Ich musste auch öfter Besuche im Pfarrhaus machen und war erstaunt über die großzügige und interessante Anlage dieses Gebäudes.
Er selber war ein bescheidener Mann, aber ein leidenschaftlicher Raucher guter Zigarren. Jedes Mal, wenn er mich entließ, gab er mir eine Zigarre für meinen Vater mit. Auf den Gedanken, dass ich sie selber hätte rauchen können, kam er wohl nicht. Mit Sicherheit weiß ich, dass ich das Gebäude 1956 noch öfter betreten habe. Damals war der Pfarrer Meyer schon sehr krank. Das Haus hatte außen und innen stark gelitten.
Das Gebäude war alt. Rudolf Preising schreibt in einem Brief an den Stadtdirektor Dirkmann, das es 1688 urkundlich erwähnt wurde, aber wahrscheinlich früher bestanden hat.
In den Kriegsjahren und in der Nachkriegszeit hatte man andere Sorgen, als sich um eine Renovierung des Gebäudes zu kümmern. Die Erkrankung von Pfarrer Meyer kam hinzu. Er hatte keine Kraft mehr, da tätig zu werden.
1958 folgte der Pfarrer Paul Witte dem erkrankten Pfarrer Meyer. Er lehnte es ab, in das alte Pfarrhaus zu ziehen und bezog eine Wohnung in dem Hause Leifert, das an der Ecke Breite Straße – Westönner Hellweg stand. Er setzte den Neubau eines neuen Pfarrhauses an der Menzestraße durch.
Und was geschah mit dem alten Pfarrhaus? Die Gemeinde kaufte das Pastorat mit der Scheune, die dazu gehörte, und dem großen Garten und dem beachtlichen Obsthof (der heutige Johann – Kettler – Platz). So geriet das Objekt wenigstens nicht in die Hände von Spekulanten. Da damals Wohnraum knapp war, wurden in dem Pfarrhaus vier Wohnungen eingerichtet. Das war in dem zweigeschossigen Gebäude, das teilweise unterkellert war, möglich. Es waren 14 Räume mit einer Wohnfläche von ca. 300 qm vorhanden. Aber das Haus verwahrloste weiter. Bis 1977 wohnte noch eine Familie Gruber darin.
Aus heutiger Sicht ist es sicher zu bedauern, dass man das Gebäude nicht erhalten konnte.
Es gab eine jahrelange Auseinandersetzung darüber: Erhalten oder nicht erhalten?
Eine Kalkulation ging davon aus, dass eine Instandsetzung 275 000 DM kosten würde.
Der Landeskonservator von Westfalen-Lippe teilte am 23. Juli 1975 mit, dass er keine Mittel mehr hätte für die „Förderung denkmalwerter Objekte“. Schlimmer war, dass er mitteilte: „ Im
Vergleich mit anderen Pfarrhäusern kann dem Gebäude kein besonderer Denkmalwert beigemessen werden“. Das war der Todesstoß.
Rudolf Preising (Ehrenbürger der Stadt Werl), der sich auch für den Erhalt des Pfarrhauses vehement eingesetzt hatte, schrieb danach in einem Brief vom 17.01.1977 an den Stadtdirektor Dirkmann: „ Nach Kenntnisnahme der Akten gebe ich meine ursprüngliche Absicht auf, gegen den Abbruch Einspruch einzulegen“.
Der notwendige Ratsbeschluss folgte.
Die Abbruchgenehmigung trägt das Datum vom 30.Juni 1977.
Und so konnte die Baufirma J. Hering KG, die das günstigste Angebot gemacht hatte, das Pastorat für 11.938,05 DM am 18.07.1977 abbrechen.
Als Anlage folgen sechs Fotos, die vor dem Abbruch des alten Pfarrhauses gemacht wurden und ein Lageplan, aus dem die Begrenzung des alten Pastorates, des heutigen Johann – Kettler – Platzes hervorgeht.
Autor: Friedrich Schleep