Ein Zeuge des Verfalls berichtet
Am 17.08.2007 wurde der Artikel „ Das alte Pfarrhaus, das alte Pastorat“ mit dem Zusatz „ Wann wurde das Pfarrhaus abgebrochen?“ in das Internet gestellt.
Umgehend meldete sich Hubert Bette zu Wort, der die ersten 13 Jahre seines Lebens in dem Pfarrhaus verbrachte und somit das Haus wirklich kennen lernte. Er wohnt noch heute in Westönnen.
In seiner Mail berichtet er nicht nur von dem Verfall des Hauses, sondern gibt auch Einblicke
in das Leben am Ende des Krieges und in der Nachkriegszeit.
Seine E-Mail soll hier für sich selber sprechen.
„Von: Hubert Bette
Gesendet: Freitag, 17. August 2007 21:07
An: Friedrich@Schleep.de
Betreff: Artikel „Altes Pastorat“
Hallo!
Danke für den schönen Artikel über das Haus, in dem ich die ersten 13
Jahre meines Lebens verbrachte. Meine Mutter war nämlich eine Nichte von
Martha Heise, die den Haushalt von Pastor Meyer führte. Nachdem mein
Vater bei dem Luftangriff auf den Werler Fliegerhorst im April 1944
gefallen war, nahm meine Großtante uns 1945 in das Pastorat auf. Wir
hatten im Obergeschoss mit 5 Personen 2,5 Zimmer, Tante Martha und der
Pastor bewohnten 8 Zimmer (!). Aber sei es drum. Wir wohnten umsonst,
meine Mutter musste nur im Haushalt helfen. Das war bei dem großen
Anwesen mit Riesen-Obsthof, Riesen-Garten und einigem Vieh ein
Dienstmädchen-„Full-Time-Job“ für meine Mutter. Wir profitierten aber
alle davon.
Zur Frage: Warum musste das Haus abgerissen werden? Nur so viel: Wir
wohnten bis 1957 dort. Ich weiss noch genau, dass unser
Schlafzimmerschrank, der an der Südwand stand, ca. 1 m von der Wand weg
stehen musste, weil auf der Seite die Lehmwände das ganze Jahr über
nicht feucht, sondern nass waren. Die Tapete war auf der gesamten Fläche
von Schimmel übersät. Da das Haus danach noch 20 Jahre ohne Renovierung
weiter stand, kann man sich den Zustand des Gebäudes in den 70er Jahren
gut vorstellen.
Kurz: Eine Renovierung wäre ein Fass ohne Boden geworden, wenn die
marode Bausubstanz überhaupt eine Sanierung möglich gemacht hätte.
So viel zu der Frage.
Das Haus war sicher ursprünglich ein repräsentativer Bau. So habe
ich ihn auch in Erinnerung. Aber ohne Pflege kann selbst ein solides
Gebäude nicht erhalten werden, vor allem, wenn aus Lehm gebaut.
Viele Grüße und alles Gute!
Hubert Bette“
Als Anhang folgen noch zwei Fotos, die vor dem Abbruch des Pfarrhauses gemacht wurden, aber in dem ersten Bericht keinen Platz mehr fanden.
Autor: Friedrich Schleep