In den beiden Tagebüchern des Chronisten Franz Asshoff über die Geschehnisse während des ersten Weltkrieges in der Schulgemeinde Westönnen befinden sich auch die drei nachfolgenden Berichte:
„Ferienkinder” in Westönnen im Sommer 1916
Der hochwürdigste Herr Bischof von Paderborn hatte die Unterbringung erholungsbedürftiger Stadtkinder für die Ferienzeit auf dem Lande angeregt. In Predigt und Schriftenlehre mahnte unsere hochw. Geistlichkeit die Gemeindeeingesessenen, sich an diesem Werke der Barmherzigkeit zu beteiligen.
Es meldeten sich viele Familien zur unentgeltlichen Aufnahme von im ganzen 62 Kindern. Am 4. Aug. kamen diese um ½ 9 mit der Kleinbahn an. Herr Vikar Funke und die Lehrer u. Lehrerinnen holten sie ab. Sie wurden zuerst zur Kirche geführt. Nach kurzer Ansprache und kurzem Gebet wurden sie dann unter die Familien, die sich gemeldet hatten und tags vorher zur Abholung bestellt waren, verteilt. Die Wünsche der Pflegeeltern bz. Alter und Geschlecht wurden möglichst berücksichtigt.
Unsere „Ferienkinder” waren aus Hamm, zumeist aus der St. Agnes – Pfarrei. Über das Betragen der Kinder hat man im allgemeinen keine Klagen gehört. Pflegeeltern und Kinder waren recht zufrieden. Am 4. Sept. abends 7 Uhr fuhren sie wieder ab. Sie versammelten sich zuvor in der Kirche. Eine Lehrerin aus Hamm war zur Abholung herübergekommen. Viele Pflegeeltern und einheimische Kinder begleiteten die Abreisenden zum Bahnhof. Manches Paket mit Obst u. anderen Lebensmitteln wurde ihnen mitgegeben.
Die Pfarrer von Hamm, aus deren Pfarreien die Kinder stammten bedankten sich schriftlich für die liebevolle Aufnahme, die die Kinder hier gefunden.
Kriegskinder in Westönnen im J. 1917
Wie im Jahre 1916, so wurden auch in diesem Jahre viele erholungsbedürftige Kinder aus Großstädten bei hiesigen Familien untergebracht. Schulpflichtige Kinder waren 33 darunter. Während sie im vorigen Jahr nur die Ferienzeit hier zubrachten, kamen in diesem Jahre die meißten schon im Mai und blieben bis Oktbr. und länger hier.
Die Kinder wurden hier eingeschult, was freilich die Überfüllung einiger Schulklassen zur Folge hatte. 14 Kinder blieben auch den Winter über hier.
Der Landaufenthalt hat augenscheinlich den Kindern sehr gut getan. Sie haben alle an Körpergewicht zugenommen und ein frisches, gesundes Aussehen bekommen. Über das Betragen der Kriegskinder war nicht zu klagen. Die Pflegeeltern waren allgemein mit ihnen zufrieden. Die größeren haben durch Hülfsleistung zu Hause und auf dem Felde in dieser leutearmen und arbeitsreichen Zeit manche guten Dienste geleistet.
Kriegskinder in Westönnen (im 4. Kriegsjahr)
Im Monat März [1918] hatte unser Bischof in einem Hirtenschreiben sich an die ländliche Bevölkerung gewandt mit der Bitte, auch in diesem Frühjahr und Sommer sich der bedürftigen Stadt– und Industriekinder anzunehmen.
Bei Verteilung der Stadtkinder auf die einzelnen Landgemeinden war Westönnen die St.–Agnes–Pfarre in Hamm zugewiesen. Aus dieser haben 21 erholungsbedürftige Kinder hierselbst Aufnahme gefunden. Sie sind in der Pfingstwoche in Begleitung des Kaplans Bömer und des Rektors Ax hier eingetroffen und bleiben bis zum Herbst. Die schulpflichtigen Kinder besuchen während dieser Zeit die hiesige Volksschule.
Noch viel größer war die Zahl der Kinder, die im Laufe des Sommers oder Herbstes, besonders in der Ferienzeit, bei Verwandten und Bekannten für einige Wochen die nötige Erholung genießen. Die Kriegskinder sind alle unentgeltlich aufgenommen worden.
Autor: Ferdi Newe