Und noch einmal Schützenfest. Nicht vorenthalten wollen wir die beeindruckende Rede von Avantgardist Simon Busemann während der Kranzniederlegung am Ehrenmal. Wir bringen sie nochmal im Wortlaut:
Liebe Schützenbrüder, verehrte Gäste.
Wir treffen uns wie jedes Jahr vor dem Westönner Kriegerdenkmal um der Kriegsgefallenen und verstorbenen Schützenbrüder zu gedenken. Ohne unsere Vorfahren würden wir heute nicht hier stehen. Durch die Kriege , welche eine große Zahl an Leben forderte, blieben viele Familienangehörige alleine zurück. Ein schreckliches Schicksal, dass sich auf keinen Fall jemals wiederholen darf.
Doch was betrifft uns heute noch die Vergangenheit? Was haben wir damit zu tun? Die Bindung zu den Geschehnissen von damals nimmt immer mehr ab, da die Distanz zwischen den Generationen immer mehr wächst. Die Erzählungen aus erster Hand schwinden täglich. Viele junge Menschen wissen leider nicht mal mehr genau was vor über 100 beziehungsweise 75 Jahren in Deutschland und Europa passiert ist. Doch wir alle, besonders wir jungen Menschen, sollten uns mit den Themen befassen und sie nicht in Vergessenheit geraten lassen.
Ich erinnere mich immer wieder an die Erzählungen meines Großvaters, der selbst von den schrecklichen Schicksalen betroffen war. Er wurde mit zwei seiner Brüder zusammen eingezogen als er gerade einmal 16 war. Ihn schickte man nach Belgien. Kurze Zeit später wurde er verwundet und kam mit einem Treffer in der Schulter in ein Lazarett. Er erzählte seinen Enkelkindern zum 70. Jahrestag seiner Kriegsverletzung diese Geschichte sehr detailliert mit allen Daten und Orten. Dies zeigte mir zum einen wie sehr es ihm daran lag seinen Nachkommen von der Vergangenheit zu berichten, aber genauso wie schwer sich diese Zeit auf einen Menschen auswirkt. Er nahm diese traumatischen Erinnerungen im letzten Jahr mit in sein Grab.
Doch die aktuellen Ereignisse sind trotzdem nicht zu verharmlosen im Kontrast zu den Geschehnissen von früher. Wir sollten es eigentlich besser wissen trotz unserer Vergangenheit den Krieg nicht konsequent zu stoppen sondern durch beispielsweise Waffenlieferungen den Krieg eher voran zu treiben als in zu verhindern. Man hat das Gefühl, dass auf der ganzen Welt momentan alles aus den Fugen gerät. Bürgerkriege, Terroranschläge, Amokläufe. Davon hört man beinahe täglich. Doch warum ist man immer noch so engstirnig und will jeden Konflikt durch Gewalt lösen? Das Leid und die Armut die daraus resultieren sind um ein vielfaches größer und schlimmer als die Ziele, die die kriegführenden Gruppen haben rechtfertigen könnten.
Trotz allen Ereignissen auf der Welt dürfen wir als Gemeinschaft nicht unsere Werte und Pflichten vergessen. Wenn man sich immer wieder vor Augen führt wo wir herkommen und wer wir sind, sollte es in keinem Fall heißen jeder gegen jeden sondern als Gemeinschaft Stärke zeigen. Dazu gehört auch Umsicht und nicht nur seine Interessen zu verfolgen. Wenn man dort im Kleinen anfängt wird diese Einstellung hoffentlich Kreise ziehen.
Wir gedenken heute den Gefallenen, die für unsere Gemeinschaft, die bis heute Bestand hat, ihr Leben lang einen wichtigen Dienst getan haben. Die Erinnerung an diese Menschen, egal ob durch Krieg, Krankheit oder andere Schicksale von uns gegangen, gibt uns Mut und Kraft zusammen nach vorne zu schauen und gemeinsam für unsere Sache einzustehen. Dann haben Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und solche Einstellung keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft. Weltoffenheit und liberaleres Denken sollten weiter um sich greifen.
Liebe Schützenbrüder, wir sollten mit einem Auge auf unsere Vergangenheit blicken, doch nicht daran festhalten, sondern mit dem anderen Auge, das Gelernte auf heute projizieren und anwenden. Nächstenliebe und Mitgefühl gehen dann einher mit den Werten Glaube, Sitte, Heimat. Alleine ist man nicht zu solchen Veränderungen fähig, doch als starke Gemeinschaft und Einheit ist fast alles möglich.
Autor: Manfred Zeppenfeld