Über die Westönner Steinbrüche wurde schon öfter berichtet. Nun tauchten zwei Bilder auf, die wohl aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts stammen. Beide wurden eindeutig in Sassen Steinbruch, in „Sassen Kuhle“, aufgenommen. Bevor ich auf die Bilder näher eingehe, möchte ich noch Wissenswertes von dem genannten Steinbruch berichten.
Von den sieben Steinbrüchen, die bekannt sind und alle südlich der B1 lagen, war der Steinbruch Sasse der jüngste und im Endausbau mit etwa vier Morgen auch der größte. Er lag am weitesten nach Osten, an dem Weg der gegenüber der Schützenstraße in Richtung Süden führt. Der Bruch ist noch nicht ganz verfüllt, sondern mit Bäumen und Sträuchern bewachsen.
Der Anfang der Arbeiten war bescheiden. Wilhelm Sasse, der 1892 aus Bilme nach Westönnen kam und auf Vogelsangs Hof einheiratete, legte zuerst einmal eine Grandkuhle an. Grand wurde damals zum Bauen benutzt. Sand gab es in Westönnen nicht.
Die Erdschicht, die über den Steinbänken lag, bestand aus Grand. Der „Brockhaus“ von 1938 sagt. „Grand, niederdeutsch für groben Kiessand“. Der Steinbruch wuchs und wurde teilweise wie ein Industrieunternehmen bewirtschaftet. Mit dem Beginn des Krieges kam die Arbeit im Steinbruch zum Erliegen.
Nach dem Kriege griff man noch einmal auf den Stein zurück. So wurde etwa die Scheune von Thiergarten in der Oststraße mit Stein aus Sassen Steinbruch erbaut. Die Grundmauern bei Thiergarten zur Oststraße hin sind aus Grauwacke errichtet, die beim Wiederaufbau der Möhnetalsperre übrig geblieben war.
Mein elterliches Haus, das von amerikanischen Panzern zusammengeschossen worden war, wurde mit Steinen aus Sassen Steinbruch repariert und aufgestockt. Ich durfte mit meinem Vater, der wusste wie man Steine bricht, und meinen beiden Brüdern im Steinbruch arbeiten.
Das erste Bild zeigt Franz Düsener aus Oberbergstraße. Ferdinand Newe erhielt dieses Bild bei der Suche nach Daten von Gefallenen und Vermissten des zweiten Weltkrieges. Franz Düsener wurde am 18.08.1912 in Sieveringen geboren und war in Oberbergstraße verheiratet. Das Bild zeigt ihn beim Bearbeiten des schon gebrochenen Gesteins. Franz Düsener ist seit 1944 auf dem Balkan vermisst.
Das zweite Bild zeigt Arbeiter, die mit Sturzkarren die gebrochenen Steine abtransportieren. Nur der Mann im Vordergrund wird von Wilhelm Sasse erkannt. Es ist Karl Schröder, der von 1934 bis 1936 bei Sasse als Gespannführer tätig war. Dann pachtete er einen Hof und machte sich selbstständig. Karl Schröder muss ein sehr guter Arbeiter gewesen sein. Er liebte Pferde und wusste mit ihnen umzugehen.
Aber was sind „Sturzkarren“? Sie waren sicher für die Landwirtschaft entwickelt worden. Siewurden etwa bei der Ernte von Futter – und Zuckerrüben eingesetzt. Man musste sie zwar von Hand beladen, aber ein gesicherter Hebelmechanismus erlaubte es, die Ladung aus großer Höhe zu kippen oder zu „stürzen“.
Im Zeitalter der Kippwagen und Frontlader haben die Sturzkarren ausgedient, zumal es bei uns keine schweren Zugpferde mehr gibt.
Autor: Friedrich Schleep