In unserer Rubrik „Berühmte Westönner“ gab es noch eine Lücke zu schließen. Der Kammersänger Karl-Josef Hering taucht dort bisher nicht auf. Wir haben bei Wilfried von Rüden nachgefragt. Der hatte schon einige Male über den Sänger berichtet und hat uns seine Artikel aus dem Soester Anzeiger vom 14. Februar 2009 zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür.
Erinnerungen an den Kammersänger Karl-Josef Hering, der heute vor 80 Jahren geboren wurde – „In seinem Fach einer der Besten, den die Deutsche Oper Berlin je hatte“
WERL. „Ich hatte die Ehre, ihn kennen zu lernen, weiß aber, dass er in seinem Fach einer der Besten war, den die Deutsche Oper Berlin je hatte und dessen frühes Zurückziehen von der Bühne der Opernwelt einen empfindlichen Verlust bedeutete“. Das schrieb der Generalintendant der Deutschen Oper Berlin, Professor Götz Friedrich, an die Familie des verstorbenen Kammersängers Karl Josef Hering.
Am heutigen Tag (14.2.) wäre er 80 Jahre alt geworden. Am 20. Mai 1998 war die einprägsame Stimme des aus Westönnen gebürtigen Karl-Josef Hering, die unzählige Menschen in vielen Ländern der begeistert und zu lang anhaltenden Ovationen hingerissen hatte, für immer verstummt. Der am 14. Februar 1929 geborene spätere Tenor besuchte das Werler Mariengymnasium und studierte Volkswirtschaft, um in den elterlichen Betrieb einzutreten. Doch wurde er durch seinen Gesangslehrer Franz Völker in seinen Überlegungen bestärkt, durch seine Stimme einen ausreichenden Lebensunterhalt zu verdienen. Auf der Krefelder Bühne ließ Karl-Josef Hering erstmals den tenoralen Heldengesang ertönen.
1958 debütierte der 1,93 Meter große Sänger aus Westfalen am Opernhaus Hannover im „ Freischütz“. Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte er an der Deutschen Oper Berlin, zu deren Ensemble er von 1966 bis 1979 gehörte. In Berlin glänzte Karl-Josef Hering u.a. als Wagners Siegfried und Parsifal, als Florestan in Beethovens „Fideio“, als Canio in Leoncavallos „Bajazzo“ und immer wieder als Max in Webers „Freischütz“. Binnen kurzer Zeit schaffte er das, was vielen seiner Kollegen versagt blieb. Gastspielreisen führten ihn rund um die Welt. Er trat u.a. in London, Amsterdam, Rom, Luxemburg, Paris, Wien, Toronto, Los Angeles, Buenos Aires und Tokio unter den Dirigenten Solti, Jochum, Böhm, Maazel, Mehta, Stein, Leinsdorf, Keilbert und Varviso auf. Im berühmten Londoner Covent Garden sorgte er viele Jahre für Aufsehen und glänzende Kritiken. Die Engländer nannten ihn den wagnerischten der Heldentenöre.
Seiner westfälischen Heimat blieb Karl-Josef Hering stets eng verbunden. Ob beim Westönner Karneval, bei einem Opernkonzert in seinem Heimatort oder bei einer Rundfunkübertragung des „Großen Platzkonzertes“ aus Werl, wenn es der Terminkalender erlaubte, kam aus Berlin keine Absage.
Einem breiten Publikum wurde Kammersänger Karl-Josef Hering auch durch viele Fernsehauftritte bekannt, so beim unvergesslichen Hans Rosenthal in „Dalli Dalli“, im „Blauen Bock“ und in „Erkennen Sie die Melodie?“. Ein Hüftgelenkleiden zwang Karl-Josef Hering zum Abschied von Opernhaus und Konzertsaal.
In ihrem Nachruf sagte seine Tochter Andrea: „Wir trauern auch um jenen Karl-Josef Hering, der für viele über Jahrzehnte ein guter, aufrichtiger und hoch geschätzter Freund war. Ein Freund, der mit seiner Geselligkeit und seinem Humor für viele glückliche und heitere Stunden gesorgt hat, der aber genauso Anteil an Kummer und Leid nehmen konnte und immer ein offenes Ohr für die Probleme anderer hatte.“
Auf mehreren Schallplatten werden seine Freunde und Bekannten seine wunderschöne Stimme weiterhin hören können und sie als kostbare Andenken an einen ungewöhnlich talentierten Sänger und liebenswürdigen Menschen bewahren.
Autor: Wilfried von Rüden