Über unseren ehemaligen Vikar Leo Funke, der in seiner Zeit in Westönnen eine Genossenschaft gründete und eine Kasse leitete, berichtet die Westfalenpost am 6. April 1956. Anlass war sein goldenes Priesterjubiläum.
Werl.(Eig. Ber.) Zusammen mit 34 anderen Theologen wurde heute vor fünfzig Jahren Pfarrer i. R. Leo Funke im Hohen Dom zu Paderborn von Bischof Wilhelm Schneider zum Priester geweiht. Nach den Stationen Wenden, Westönnen und Mellrich wirkt er jetzt als Hausgeistlicher in Ostuffeln, und die Kinder des Stiftes, die in ihm den väterlichen Freund sehen, wünschen dem 74jährigen noch manches Jahr im Weinberg des Herrn. Der kernige Sauerländer, der immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen trägt, hat an der Haar und am Hellweg segensreich gewirkt.
Pfarrer Funke wurde am 16.Mai 1882 als Sohn eines Land- und Gastwirts in Elspe, Kr. Olpe geboren und bestand Ostern 1902 sein Abitur in Paderborn. Seine philosophischen und theologischen Studien machte er in Paderborn und Münster. 1906 zum Priester geweiht, war er zunächst drei Jahre lang in seiner engeren Heimat, nämlich in Wenden, Kr. Olpe, tätig. 1909 wurde er als Vikar nach Westönnen berufen und wirkte dort 20 Jahre lang, wobei er auch die Seelsorge in den drei Filialgemeinden Niederbergstraße, Mawicke und Sieveringen (auch dieses damals noch zu Westönnen gehörend) ausübte. Die nicht mehr ganz junge Generation erinnert sich seiner vor allem noch dadurch, daß er das Vereinsleben recht zur Blüte brachte, so den Kreuzbund, der damals in Westönnen je 250 Erwachsene und Kinder umfasste, und dem er 18 Jahre lang vorstand.
Wirtschaftlich gesorgt
Die Pfarrbücherei wurde durch ihn zu einer vielbenutzten Einrichtung gemacht. So nüchtern, um nicht zu sagen: asketisch er selbst lebt, erkannte er wohl, dass auch zu einer fruchtbaren Seelsorge ein gewisses Maß von wirtschaftlicher Sicherung für die Pfarrangehörigen vorhanden sein muß, und auf diesem Gebiet war einiges nachzuholen. Mag auch die ältere Generation das kaiserliche Deutschland als Inbegriff wirtschaftlichen Wohlergehens ansehen-Tatsache ist, dass die Landwirtschaft nicht in allen Teilen an der Blüte teilnahm.
Auch Geschäftsführer gewesen
Da war es der tatkräftige Vikar von Westönnen, der die Bauern zur Selbsthilfe aufrief und die jetzt noch bestehende Genossenschaft ins Leben rief. Das war kurz vor dem ersten Weltkrieg. Der Genossenschaft folgte die Spar- und Darlehnskasse, bei der der damalige Vikar – sicherlich ein Einzelfall in Deutschland- lange Jahre Vorsitzender des Aufsichtsrates war. Als in der Inflationszeit die Krise auch bei diesen Einrichtungen eintrat und niemand recht den Mut hatte, die Zügel zu halten, übernahm Vikar Funke 1922 die Geschäftsführung , die er dann sechs Jahre behielt.
Aus der eigenen Tasche
Dieselbe Regsamkeit entwickelte der darauf in Mellrich, wo er von 1929 bis 1954 Pfarrer war. Auch nach dem ersten Weltkrieg herrschte Wohnungsnot, und der weltoffene Pfarrer erkannte darin das Problem Nr. 1 das er für seine Gemeinde nach Kräften lösen half. Er ebnete dem Wohnungsbau den Weg, indem er nicht weniger als 24 Hausplätze aus kirchlichem Besitz an Baulustige verkaufte oder in Erbpacht gab. Das Haus des Herrn, zu dessen Pflege er in erster Linie berufen war, ließ er darüber keineswegs außer acht. Während seiner Amtszeit wurden die Kirche und fünf Kapellen renoviert; ferner wurde der Friedhof neu gestaltet. Wenn die Gemeinde die Kosten für die Anlagen ihres unternehmenden Pastors nicht aufbringen konnte, griff er in die eigene Tasche und steuerte einige Tausende bei. Während des zweiten Weltkrieges nahm er Evakuierte in sein Haus auf, und eine Familie, aus der drei Missionare hervorgegangen sind, blieb elf Jahre bei ihm.
Heute noch aktiv
Daß ein solcher aktiver Geist auch nach der Pensionierung nicht der Muße pflegen kann, versteht sich von selbst. Er hält den Kindern in Ostuffeln häufig Lichtbildervorträge, erteilt Gruppen- und Einzelunterricht in Religion, hilft in Niederbergstraße bei der Seelsorge aus und feiert vor allem gern Hochämter, wobei ihm seine immer noch ungebrochene stimmliche Begabung entgegenkommt. Sein besonderes Anliegen ist die Renovierung der Kirche in Ostuffeln, die sicher nicht mehr allzu lange auf sich warten läßt.
Sein Jubiläum feiert er nicht am Hellweg, sondern in Rom, und zwar in Santa Maria Maggiore, wo Pius XII. seine Primiz feierte, in der berühmtesten Wallfahrtskirche der Welt. Und wenn er heute vor den Gnadenaltar tritt, werden es sicherlich Tausende sein, die ihn in Gedanken begleiten. Denn ein Mensch, der so viel Gutes gewirkt hat, ist nie allein – am wenigsten an seinem Ehrentage
Quelle: Westfalenpost am 6.4.1956
Anmerkung WestönnenOnline: Leicht verwirrend ist die Passage um die Gründung von Genossenschaft und Spar- und Darlehenskasse. Die Bäuerliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft wurde 1924 gegründet, die Spar- und Darlehenskasse bereits 1910.
Autor: Dieter Holtheuer / Manfred Zeppenfeld