Im dritten Teil unserer Serie „Todesfall in Mawicke“ aus dem Jahr 1913 wurde die dringend tatverdächtige Angeklagte Therese Keggenhoff schlussendlich freigesprochen, auch wenn die Beweisführung letztlich ergab, dass die Frau doch geschossen habe. Vermutlich aufgrund der Misshandlungen war sie wohl nicht mehr Herr ihrer Sinne und dies war dann wohl auch für die Geschworenen der ausschlaggebende Punkt. Doch wer waren denn überhaupt unsere Protagonisten. Dieser Frage gehen wir im vierten und letzten Teil nach.
Peter Theodor Wittenkemper gt. Wellie, der beim dem Unglück zu Tode kam, war der Sohn des Kolon Theodor Wittenkemper gt. Wellie und der Gertrud Wedepohl aus Mawicke. Geboren wurde er am 2. Juni 1881 als 2. Kind und 1. Sohn in Mawicke. Getauft am am 4. Juni 1881 in Westönnen, ermordet am 13. Juli 1913 in Mawicke, beerdigt am 16. Juli 1913 in Westönnen. Er heiratete am 9. April 1910 in Westönnen Theresia Keggenhoff aus Mawicke.
Theresia Wellie, geb, Keggenhoff war die Tochter des Kolon Heinrich Keggenhoff gt. Busemann und der Theresia Westerhoff aus Mawicke. Geboren am 14. Juni 1882 in Mawicke als 5. Kind und 3. Tochter, getauft am 17. Juni 1882 in Westönnen. Ihre erste Ehe mit Theodor Wellie hatte zwei Kinder. Theodor Josef (geb. 26.06.1912) und Franz (03.01.1914). Schwanger mit Sohn Franz ist sie auch zu Weihnachten aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Beide Söhne sind im zweiten Weltkrieg gefallen. Am 22. Februar 1922 heiratete sie den Landwirt Johan Wilhelm Steinhoff in zweiter Ehe. Diese Ehe wurde am 21. Juli 1929 wieder geschieden. Über ihren Tod ist ein Eintrag beim Standesamt Werl vorhanden:
„Dem Standesbeamten wurde heute vom Amt Werl folgende schriftliche Anzeige erstattet, wörtlich: Behülfs Eintragung in das Sterberegister zeige ich dem Standesamt Werl an, daß die Frau Theresia Keggenhoff geschiedene Steinhoff verwitwete Wellie, 49 Jahre alt, wohnhaft in Mawicke, geboren zu Mawicke, zu Mawicke in der eigenen Wohnung am neunundzwanzigsten Juni des Jahres tausend neunhundert dreißig und ein, vormittags um sieben Uhr tot aufgefunden wurde. Der Tod ist in der Zeit von zwölf Uhr nachts bis vormittags sieben Uhr eingetreten.
Werl, den 4 Juli 1931
Der Bürgermeister Brüning
Der Standesbeamte in Vertretung – Hünnies“
Ihre Kinder waren da 17 (Franz) und 19 (Theodor Josef) Jahre alt!
Dass die Charaktere der beiden Protagonisten schon ein wenig speziell waren, beweisen die Hinweise, die sich in weiteren Zeitungsberichten finden. So schrieb der Soester Anzeiger in seiner Ausgabe am 24. Oktober über Therese Wellie: „Nachträglich ist noch bekannt geworden, dass die als trefflicher Schütze bekannte Frau einen an ihrem Garten vorbeifahrenden Motorradfahrer beinahe erschossen hätte.“
Während der Beweisaufnahme charakterisierte der damalige Pastor Vedder aus Westönnen die Therese Wellie als temperamentvoll, was wohl mehr als zutreffend war.
Theodor Wellie‘s Charakter war aber wohl noch ein wenig spezieller. In der Beweisaufnahme bekundete der Gutsbesitzer Schulte Schramme: „…daß der Tote zu Gewalttätigkeiten neigte und aus geringfügigen Ursachen zur Waffe oder zum Stock griff. Selbst Verwandte blieben davon nicht verschont.“
Auch das Soester Kreisblatt berichtete in seiner Ausgabe vom 7. März 1914 über den Prozess und schreibt da über den zu Tode gekommen Theodor Wellie: „…daß der Angeklagte nicht gerade ein sanfter Charakter gewesen ist. Sein Vater hatte seine Frau 4 Jahre lang gequält und u.a. mit der Peitsche aus dem Bett aufs Feld getrieben. Ferner ergab sich, daß der Tote als Unteroffizier im 11. Husarenregiment schroff mit seinen Rekruten umging. Nach seinen Abgang ist er von Soldaten bei einem Manöver in der Gegend von Mawicke wieder erkannt und wäre schwer mitgenommen worden, wenn nicht andere Personen dazwischen getreten wären. Nach dem Gutachten des Gerichtsarztes ist die Angeklagte von ihrem Mann schwer mißhandelt worden, nach drei Wochen waren die Spuren davon noch deutlich.“
In unserer Geschichte sind zwei Charaktere in ihrem Leben aufeinander getroffen, so dass kein gutes Ende zu vermuten war. Letztendlich hat es dann ja auch kein Gutes genommen.
Der Hof Wellie war Jahre später noch einmal Thema der Presse. Der Soester Anzeiger berichtet am 22. August 1921 in seiner Ausgabe: „Zu dem Großfeuer am Sonnabend erfahren wir noch, daß der Brand gegen 11 ½ Uhr vormittags in der Scheune der Frau Ww. Wellie ausbrach die voll gepackt, etwa 70 Fuder Korn enthielt. An dieser reichen Nahrung verbreitete sich das Feuer mit rasender Schnelligkeit und in kurzer Zeit standen sämtliche Wirtschaftsgebäude in Flammen. Die Feuerwehren von Ostönnen, Westönnen, Hewingsen, Gerlingen, sowie die im Lastauto angerückte Soester und die Feuerwehr der Jakobifeldmark beschränkten ihre Tätigkeit auf Rettung von Vieh, Bergung von Mobiliar und Ackergeräten, sowie vornehmlich die Kalthaltung der benachbarten Höfe, von denen besonders die Peter’sche Besitzung arg bedroht war. Der anstrengenden Tätigkeit ist dies Rettungswert auch vollkommen gelungen, dagegen sind sämtliche Gebäude der Wellie’schen Besitzung vernichtete worden. Nur der günstigen südöstlichen Windrichtung ist es zuzuschreiben, daß der Ort Mawicke vor einer größeren Brandkatastrophe bewahrt wurde. Die Entstehungsursache des Brandes ist noch unbekannt; es wird Unvorsichtigkeit mit einem fortgeworfenen Streichholz angenommen. Der Brandschaden soll nur zum Teil durch Versicherung gedeckt sein.“
Ein wenig ratlos hat uns der Bericht schon zurück gelassen. Ein Brand auf dem Hof Wellie gefährdete die Peter’sche Besitzung? Die Mawicke-Karte aus dem Buch von Rudolf Preising (Stand 1850), siehe unter den Bildern, zeigt neben dem Hof Wellie eigentlich Hof Hünnies. Da aber Hünnies zu dieser Zeit schon umgezogen sein könnte, vermuten wir, dass Witwe Wellie einige Gebäude dieser Besitzung gekauft haben muss und dass diese Gebäude letztendlich Opfer des Feuers wurden. Denn die eigentliche Wellie’sche Besitzung sei nie Opfer eines Feuers gewesen, bestätigt auch der heutige Besitzer Willi Feldmann. Da wo der der Hof Hünnies um 1850 stand, ist heute eine Wiese und da wo der Hof Peters eingezeichnet ist, stehen heute Wohnhäuser. Vielleicht findet sich ja noch jemand der hier genauere Angaben machen kann.
Hier enden nun unsere Ausführungen zum Hof Wellie und zu dem Unglück, welches sich 1913 ereignete. Insbesondere gilt unser Dank Alfred Risse, der mit den Zeitungsberichten erst die Aufarbeitung der Geschichte möglich gemacht hat. Dieter Holtheuer hat uns dann mit weiteren Informationen zur Familie Wellie versorgt, so dass daraus ein rundes Bild entstand.
Quellenangaben:
Karte von Mawicke von 1828 (Urkataster) aus dem Buch Westönnen, Geschichte eines Kirchspiels und seiner Höfe im kurkölnischen Amte Werl.
Ausgaben des Soester Anzeigers vom 16.7.1913, 18.7.1913, 24.10.1913, 28.12.1913, 7.3.1914, 22.8.1921
Ausgaben des Soester Kreisblatt vom 3.3.1914, 7.3.1914
Autor: Manfred Zeppenfeld / Alfred Risse / Dieter Holtheuer