Gedanken zu Weihnachten

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"Wieder ist ein Jahr vergangen,
und was haben wir damit angefangen.
Die Zeit, die geht so schnell vorbei,
man versinkt im Trott, im Einerlei.
Nichts regiert so sehr die Welt,
wie Mommon, Mäuse, Moos oder Geld.
Wo ist die Herzlichkeit geblieben,
wo ist die Wärme, die wir lieben.
Die Welt da draußen ist sehr kalt,
voll von Terror, Hass und Gewalt.
Denkt daran:
Katzen haben sieben Leben,
uns ist aber nur ein's gegeben."    von: unbekannt

Natürlich ist es gute Tradition, dass auch wir von Westönnen online Euch ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen "Guten Rutsch" in das neue Jahr 2004 wünschen, was wir hiermit tun. 
Aber ich möchte Euch noch zwei wahre Begebenheiten mit auf den Weg geben: 

"Keine Zeit" oder "Das schaff ich zeitlich nicht" waren  wohl die häufigsten Sätze, die man in den letzten Wochen von den Onlinern hören konnte. Egal, wen man auch anrief oder traf. Am ersten Adventssonntag fiel den beiden Vorsitzenden von Westönnen online sogar auf, dass man noch nicht einmal einen Adventskranz besorgt hatte. Vergessen im Trubel der Zeit. Beruf, Internet-Berichte, Arzttermine, Behördengänge, Einkäufe, Vorbereitungen und was weiß ich hatten ihren Tribut gefordert. 

     Einige Tage später hörte ich auf der Werler Fußgängerzone folgendes Gespräch zwischen einem Vater und seiner Tochter (ist wirklich so gewesen!) : 
Der Vater fragte seine Tochter: "Was wünscht Du Dir zu Weihnachten?" Die kleine Tochter, vielleicht sieben oder acht Jahre alt, sagte: "Nichts". Der Vater war erstaunt: "Wie, Nichts???"  "Nein, gar nichts" antwortete das kleine Mädchen und fügte hinzu: "Lass uns da lieber Lotto spielen!" Sie zeigte auf Asheuers Lottoannahmestelle.   "Ach so", sagte der Vater, "Du willst Dir mit dem Geld dann selber ein Pferd kaufen, oder etwa eine neue Barbie-Puppe? Aber Mama und ich bekommen doch dann auch etwas von dem Geld ab? "  "Nein", meinte das Mädchen. "Ich kauf mir dann bei Dir und Mama Zeit. Ihr bekommt das Geld nur, wenn ihr mir dafür Zeit gebt".  Der erschrockene Vater nahm seine kleine Tochter in den Arm, lange standen sie dort, bis sie dann Hand in Hand weitergingen...


Heftig, was? Sind das nicht die Probleme unserer Zeit, die Terminkalender und Notizbücher, in die wir eintragen, was alles zu erledigen ist? Was angeblich sooo wichtig ist und was auf keinen Fall versäumt werden darf?  Wohl kaum eine Zeit im Jahr ist so mit Terminen gefüllt wie die Adventszeit. Mit Aktionen, Basaren, Kirchenkonzerten, Advents- und Nikolausfeiern, Einkäufen und Vorbereitungen. Hätten  wir nicht mal in den vergangenen Wochen Termine streichen sollen, damit Zeit geblieben wäre? Bewusste Augenblicke der Stille und Besinnung, Haltepausen im Getriebe? Zeit kann man nicht kaufen, aber man kann sie schenken...

Das berühmte Theaterstück "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" von Peter Handke vermittelt unser rast- und ruheloses Leben. In dem Stück wird kein einziges Wort gesprochen. Die Idee kam Handke auch in einer Fußgängerzone, in einer italienischen Stadt. Es laufen Menschen über die Bühne, der eine von rechts nach links, der andere von links nach rechts, kreuz und quer. Männer mit Aktentaschen, Frauen mit Einkaufswagen; jedenfalls Menschen, die aneinander vorbeilaufen, ohne sich zu begegnen. 

Einmal scheinen sich zwei zu kennen, gehen aufeinander zu, reichen sich die Hand und ziehen im letzten Moment die schon ausgestreckten Hände wieder zurück: Es war ein Irrtum, sie kennen sich nicht. Ein kurzer nachdenklicher Blick zurück, und beide verschwinden in verschiedenen Richtungen. Und plötzlich, mitten in dieser pausenlosen Hektik, dieser Beziehungslosigkeit, tauchen zwei Liebende auf. Sie sind ganz ineinander versunken, nehmen die Hektik ihrer Stadt nicht wahr. Sie sind einfach beieinander, umarmen sich lange, nehmen sich an die Hand. Wie der Vater und seine Tochter in der Fußgängerzone in Werl. Die Zeit scheint still zu stehen. 
Handkes Theaterstück handelt von vielen Menschen, die aneinander vorbeilaufen , aber auch von Menschen, die in die so hektische Welt ein wenig Ruhe bringen, ein wenig Liebe, ein wenig Frieden. Davon, und dass wir mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben übrig behalten (und auch den Computer ruhig mal auslassen ;-)  ),  wünsche ich uns allen -zumindest etwas- mehr zum Fest der Liebe und auch im neuen Jahr!

Franz Wegener