Die
Orgel in der Pfarrkirche St. Cäcilia zu Westönnen ist zwar nicht so
weltberühmt wie die gotische Orgel in der Nachbarkirche von Ostönnen,
ist aber auf ihre Art eine Rarität, die in der deutschen Orgellandschaft
selten geworden ist.
Erbaut wurde sie in den Jahren 1939-1945, also in der Zeit des 2.
Weltkrieges, von der Werler Orgelbauanstalt Gebr. Stockmann. |
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Noch unter dem Einfluss der ausklingenden
Orgelromantik stehend, entschied man sich für eine Kegelladenorgel mit
pneumatischer Steuerung und Freipfeifenprospekt. |
Eine
Zeitungsseite mit Propagandaberichten |
1939
wurde mit dem Bau der Orgel begonnen, 1940 waren Windladen und
Spieltisch fertig gestellt.
Im Inneren der Windkanäle befinden
sich als heute zeitgeschichtliche Dokumente Zeitungsseiten mit
Propagandaberichten von den Kriegsschauplätzen (Orgelbauer
benutzen Zeitungspapier und Leim, um Windladen und –kanäle
abzudichten). |

"1940"
handschriftlich markiert
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1940-1945
war der Orgelbaubetrieb von den Nazis offiziell stillgelegt, jedoch
arbeiteten einige Orgelbauer, die nicht in den Krieg mussten, in aller
Ruhe an der Westönner Orgel weiter.
Nach Beendigung des 2. Weltkrieges
wurden die Pfeifen aus Orgelmetall hergestellt, welches vor Schutz vor
Beschlagnahmung durch die Nazis von den Orgelbauern vergraben war.
„Bezahlt“ haben die Westönner ihre neue Orgel mit Naturalien
(Kartoffeln, Gemüse, Sauerkraut), auch existierte im Innern der Orgel
eine Liste, wo aufgeschrieben wurde, bei welchen Bauern den Orgelbauern
ein gutes und reichhaltiges Mittagessen
serviert wurde oder nicht. |

Orgelpfeifen
im Inneren der Westönner Orgel- aufgenommen bei der Renovierung
1994 |
Ende 1945 war ein hochwertiges, spätromantisches Orgelwerk fertig
gestellt und wurde am 5. Dezember 1945 vom damaligen Paderborner
Domorganisten Hebestreit geprüft und abgenommen.
1969 wurde dem damaligem Zeitgeschmack entsprechend, aus heutiger Sicht
bedauerlich, bei der großen Kirchenrenovierung der Freipfeifenprospekt
entfernt und der jetzige einfallslose Prospekt erbaut, ohne aber an der
Technik, Intonation und Disposition der Orgel etwas zu ändern.
In den achtziger Jahren wurden Überlegungen angestellt, die pneumatische
Traktur (alle Steuerungen der Orgel geschehen mit Luftdruck) durch eine
elektrische zu ersetzten, da die pneumatische Steuerung verschleißbedingt
absolut unpräzise geworden war. Dieses hätte bedeutet, dass die letzte
im Erzbistum Paderborn erbaute pneumatische Kegelladenorgel das Schicksal
ihrer Schwestern ereilt hätte, die in den 50ger bis 80ger Jahren des
letzten Jahrhunderts kompromisslos elektrifiziert und in der Disposition
dem Zeitgeschmack angepasst wurden.
Nach
langen Überlegungen entschloss man sich 1994, die Orgel original
in Funktion und Klang zu erhalten. Die gravierendste Änderung war
die Umplatzierung des Spieltisches. Bis dahin am Rande der Empore
stehend, befindet er sich nun in der Mitte der Orgel. Dadurch verkürzten
sich die Längen der Bleirohre, die Spieltisch und Windladen
miteinander verbinden, um die Hälfte. Es war nun ein wesentlich
präziseres Spielen möglich. |

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Die
Disposition blieb unverändert. Lediglich das Trompetenregister wurde, da
das alte materialbedingt sehr schlecht war ( es wurde aus
denkmalskonservatorischen Gründen im Innern der Orgel eingelagert), durch
ein neues ersetzt. Die Cimbel 1` erhielt noch eine dritte Reihe kleiner
Pfeifen, um den Orgelklang ein wenig aufzuhellen, ohne zu „stechen“.
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Der
Spieltisch steht seit 1994 in der Mitte der Orgel. Bei der
Renovierung der Orgel konnte man auch interessante Einblicke in
das Innere des Spieltisches gewinnen. |
Alle Verschleißteile
wurden erneuert, alle Holzteile einschließlich der Holzpfeifen wurden überarbeitet
und bekamen einen imprägnierenden Schutzanstrich.
So präsentiert sich die
Westönner Orgel heute in einem neuen, aber schon historisch gewordenen
Glanz. Mit ihrem satten, dunklen Klang der vielen 8 Fuß Register, von
denen jedes auch solistische Qualitäten aufweist, können Kompositionen
romantischer Komponisten (Rheinberger, Reger, Karg-Elert), die ja für
pneumatische Orgeln ihre Werke schrieben, authentisch dargeboten werden.
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