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"Am 8.7. 1853
kommt es zu einem schweren Hagelschlag, mit Hagelkörnern so groß wie Hühnereier,
welche die Früchte in Feld und Garten zerschlagen",
so heißt es in der Westönner Chronik. Wir, die wir heute bei
"Sauern" Lebensmittel aus der ganzen Welt kaufen können, die
aufgewachsen sind mit Nahrung im Überfluss oder mit EU-angeordneter
Nahrungsvernichtung, können uns diese Katastrophe für unser Dorf wohl
kaum vorstellen. Hunger- was ist das? |
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Und
erst einige Jahre vor dem schweren Hagelschlag, 1845 und
1846, fielen die Ernten in Deutschland durch viel zu feuchtes Wetter so
schlecht aus, dass die Preise für Roggen, dem Grundnahrungsmittel der
ärmeren Bevölkerungsschichten, gewaltig stiegen. Der
hochverschuldete preußische Staat setzte verstärkt auf private
Initiative. Die Regierung stellte den Kommunen das Geld für den Ankauf
von Roggen durch Darlehn zur Verfügung und regte im Januar 1847 die
Bildung von Hilfsvereinen an. Aber dazu später mehr.
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Friedrich Wilhelm Raiffeisen |
Erst mit der
zunehmenden Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts hatte der Hunger sein Schrecken verloren. Es gab aber noch
eine andere wichtige Entwicklung hin zu privater Initiative, denn -wie
oben schon gesagt- waren auch damals die Staaten ziemlich pleite und die
Sozialversicherungen gab es auch noch nicht. Friedrich Wilhelm Raiffeisen wurde 1845 Bürgermeister von Weyerbusch im Westerwald. Die Missernte von 1846 führte im Winter 1846/47 auch dort zu einer Hungersnot. Raiffeisen gründete den "Weyerbuscher Brodverein" und sicherte so die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung. Dies war der Vorläufer der noch heute existierenden "Genossenschaften" und "Spar- und Darlehenskassen", deren Grundgedanken in den weiteren Jahren von Raiffeisen über ganz Deutschland verbreitet wurde. Am 11. Juni 1889 erfolgte in Westönnen die Gründung einer Molkereigenossenschaft, am 13.Februar 1910 die Gründung der Westönner Spar- und Darlehenskasse und 1924 schließlich die Gründung der Bäuerlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft Westönnen. Vielleicht kann dieses Datum vor 150 Jahren ein Anlass sein, beim diesjährigen Erntedankfest sich die schweren Zeiten unserer Vorfahren vor Augen zu führen. |
Bericht: Franz Wegener |