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"1803: Durch Reichsdeputationshauptschluß wird das Erzstift Köln aufgelöst; Westönnen fällt an das Großherzogtum Hessen- Darmstadt" - so steht es in der Westönner Zeittafel. Das war also vor genau 200 Jahren. Nun erreichte uns eine email, dessen Schreiber wissen wollte, was damals eigentlich los war. |
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Nun, eigentlich ging
es nicht so sehr um Westönnen, sondern eher um das Herzogtum Westphalen,
zu dem Westönnen damals gehörte. Und das Herzogtum Westphalen gehörte
zum Erzbistum Köln. Damals waren die Bistümer nämlich nicht nur
kirchliche Gebiete, sondern hatten auch weltliche Macht. Der Bischof war
genauso ein Landesherr wie ein Fürst oder Herzog. |
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Es gab 1803 in Deutschland zwei Säkularisationen: die Territorialsäkularisation, bei der es um die Annexion geistlicher Staaten ging, und die Kloster- oder Vermögenssäkularisation, bei der Klöster aufgehoben und enteignet wurden. Die Macht der Kirche sollte auf ihre geistlich-seelsorgerischen Aufgaben beschränkt werden. So schrieb der Königsberger Philosoph Immanuel Kant 1797: «Denn die Kirche ist ein bloss auf Glauben errichtetes Institut, und, wenn die Täuschung aus dieser Meinung durch Volksaufklärung verschwunden ist, so fällt auch die darauf gegründete furchtbare Gewalt des Klerus weg, und der Staat bemächtigt sich mit vollem Rechte des angemassten Eigentums der Kirche.» |
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Mit Folgen übrigens bis in die heutige Zeit: Weil der Staat in Gestalt der Vorgängerstaaten der heutigen Bundesländer 1803 das Kirchengut säkularisierte, leisten die Bundesländer z.B. heute noch finanzielle Zuschüsse an die Kirchen, unter anderem für die Gehälter der Bischöfe. |
Das alles hatte
wie gesagt aber auch noch andere Hintergründe und Ziele: Die Politik
Napoleons gegenüber dem Deutschen Reich war
bestrebt, den Rhein als Ostgrenze herzustellen bzw. zu sichern. Die
Rivalität der Großmächte Preußen und Österreich wurde von
Frankreich geschickt und durch Kriege gegeneinander ausgespielt sowie
die Begehrlichkeit der Klein- und Mittelstaaten ausgenutzt. Im Frieden
von Basel 1795 erkannte Preußen in einem geheimen Zusatzartikel die
französischen Eroberungen links des Rheins an. Dafür gestand
Frankreich Preußen Entschädigungen für seine linksrheinischen
Gebietsverluste durch Säkularisation auf der rechten Rheinseite zu- man
entschädigte also durch die Aufhebung von Kircheneigentum. Napoleon und Zar Alexander von Russland legten schließlich einen gemeinsamen Plan vor, der die politische Landkarte Deutschlands entscheidend verändern sollte. Der Reichstag bestellte einen Ausschuß (Deputation) zur Regelung der Entschädigungsfrage. Die Deputation und der Reichstag selbst nahmen den französisch-russischen Plan als (Be-)Schluß in der "Haupt-"sache und damit als Reichsgesetz an, daher nennt man dieses Reichsgesetz den "Reichsdeputationshauptschluß". Dieser Hauptschluß enthielt jedoch noch eine Bestimmung, die über den reinen Entschädigungszweck hinausging. Artikel 35 räumte allen deutschen Fürsten ein Auflösungsrecht an den Klöstern und Stiften ihrer sämtlichen Länder ein. Damit konnten auch solche Fürsten, die keine Verluste erlitten hatten, alle Klöster und Stifte ihres Herrschaftsgebietes aufheben und ihre Güter konfiszieren. In § 7 des Reichsdeputationshauptschlusses hieß es nun: "Dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt für die Grafschaft Lichtenberg, die Aufhebung seines Schutzrechts über Wetzlar, und des hohen Geleits in Beziehung auf Frankfurt; für die Abtretung der Hessischen Aemter Lichtenau und Wildstädt, Katzenellenbogen, Braubach, Embs, Kleeberg, Epstein und des Dorfs Weiperfelden: das Herzogthum Westphalen mit Zugehörden, und namentlich Volksmarsen, sammt den im genannten Herzogthume befindlichen Kapiteln, Abteyen und Klöstern, ...".
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Bericht: Franz Wegener |