Die Westönner Straßen
im Winter

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In dem Artikel "Straßen und Wege im alten Westönnen" wurde schon berichtet, wie schlecht die Verbindungen waren. Im Winter wurden die Straßen noch schlechter.

In den "Heimatblättern" des Soester Anzeigers vom Februar 2003 ist ein Beitrag von Wilhelm Hinke unter dem Titel "Ein Zeitbild über Westfalen". Im Jahre 1816 musste Johann Nepomuk von Schwerz einen Bericht über Westfalen anfertigen, der an das preußische Ministerium des Inneren ging. Darin heißt es: "Die Verkehrsverbindungen waren katastrophal, die Wege vielfach neun Monate lang unbrauchbar."
Wilhelm Hinke meint dazu: "Im 19. Jahrhundert hatten sich die Lebensverhältnisse in den westfälischen Dörfern kaum verändert. Sie entsprachen dem im Jahre 1816 aufgezeichneten Zeitbild.
Dazu passt das Foto, das in den 1930er Jahren in Borgeln aufgenommen wurde. Das Bild mit den beiden Kindern auf der schlammigen Straße hätte auch in Westönnen entstehen können.


Borgeln, schlammige Dorfstraße, etwa im Jahre 1930
Doch zu den eigenen Beobachtungen. Am Anfang des letzten Jahrhunderts bestanden die
heutigen Straßen noch nicht einmal alle. So wurde die Bachstraße erst 1954 von einer Gasse zu einer breiten Straße ausgebaut, wie schon berichtet wurde. Überhaupt muss man sich die meisten Straßen schmaler vorstellen. An etlichen von ihnen führte an einer oder auch an beiden Seiten ein offener Graben oder gar ein Bach entlang. Die Walbkestraße ist auch heute noch schmal, obwohl der Bach verrohrt wurde, und die Straße somit an Breite gewann. Die Gräben waren nötig. Es gab ja keine Kanalisation. Das Regenwasser, aber auch das oft stinkende Abwasser musste abgeleitet werden.
Im Frühling waren die Straßen am saubersten, aber schon mit der Heuernte begannen die Verschmutzungen. Schlimm wurde der Zustand dann im Winter und da besonders bei Tauwetter.
Die frühe Dunkelheit und der Nebel kamen im Winter erschwerend hinzu. Es gab ja keine Straßenlaternen. Die erste schwache Laterne wurde nach dem Kriege an "Nacken Ecke" angebracht. "Nacken Ecke" war schon vor dem Kriege ein bevorzugter Platz. Die Gastwirtschaft Nacke, der Frisörsalon Westerhoff und das Schuhgeschäft Sögtrop hatten Lampen vor ihren Häusern brennen. So viel Licht gab es sonst nirgendwo.
Und dann kam der Krieg und mit ihm die "Verdunkelung". Kein Lichtstrahl durfte aus den Häusern dringen, der einem nächtlichen Fußgänger wenigstens die Richtung hätte anzeigen können. Manch ein Westönner Bürger ist in einem Graben oder in einem stinkenden Bach gelandet; da hatte der Opferteich, an dem es keine Schutzmauer gab, wenigstens sauberes Wasser.
Wenn der Schlamm auf den Straßen gar zu dick wurde, rückten die Gemeindearbeiter mit großen "Schrappeisen" aus, um den Schlamm an die Straßenränder zu ziehen. Man muss sich diese "Schrappeisen" wie große Hacken vorstellen (etwa 50cm mal 20cm groß). Der Dreck blieb dann liegen, bis es trockene Tage gab.
Ein besonders Problem bildeten die Wege, die keinerlei Befestigung hatten, deren Oberfläche eine Lehmdecke war. Der Weg nach Mawicke (heute Auf'm Hackenfeld) gehörte dazu. Der Weg wurde viel benutzt, besonders von den Leuten aus Mawicke, die zum Bahnhof wollten oder vom Bahnhof kamen. Der Weg war oft unpassierbar. Dann mussten die Mawicker den Umweg über den Kirchweg wählen. Das konnte sogar im Sommer geschehen. Wenn das Wetter lange genug trocken gewesen war, zermahlten die eisernen Wagenreifen den Lehm zu feinstem Staub. Kam dann etwa ein starker Gewitterschauer, konnte der Lehm glatt wie Schmierseife werden. Auch Autos blieben darin stecken.
Gerne wurde auch von Leuten, die mit der Bahn in die Stadt fahren wollten, ein zweites Paar Schuhe mitgenommen, das dann erst am oder im Zug angezogen wurde, damit man in der Stadt nicht gleich als Dorfbewohner auffiel.

Lohe, alte Straßenwalze, die von Pferden gezogen wurde.
Friedrich Schleep