Der Schule von 1904 wurde schon öfter
gedacht. Immerhin ist sie 100 Jahre alt geworden.
Am 19. März 1904 legte man den Grundstein. Es ist ein stattliches
Gebäude, und es liegt an einem zentralen Platz im Dorfe. Wenn man
von dem Anbau einmal absieht, ist es fast unverändert geblieben.
Und wie sah es in seinem Inneren aus? Da gibt es kaum Bilder. Als ich
1932 eingeschult wurde, befanden sich vier recht ordentliche Klassenräume
in der Schule. Dann kam aber nicht mehr viel. Die Fußböden
aus Holz mussten zweimal im Jahre mit staubbindendem Öl gestrichen
werden und waren dann fast schwarz. In jeder Klasse war ein gewaltiger
Ofen. Wer neben dem Ungetüm saß, wurde gebraten, und in den
Ecken war es kalt. Die Schule bekam aber schon bald eine Zentralheizung.
Das könnte schon zum Winter 1933/ 34 gewesen sein. Die alten Öfen
haben noch viele Jahre in der Schützenhalle für etwas Wärme
gesorgt.
Die Treppen in der Schule waren aus Holz und stark ausgetreten. Die Treppe
zu der
Lehrerwohnung im Dachgeschoss war steil, hoch und lebensgefährlich.
Nebenräume wie Lehrerzimmer oder für Lehrmaterial gab es nicht.
Wasser konnte man lange nur an der Handpumpe auf dem Schulhof holen. Da
wurde noch Wasser gespart. Die Fenster wurden laut Schulrecht auch nur
zweimal im Jahre geputzt.
Die Lehrerwohnungen (heute Kindertagesstätte) neben der Schule wurden
1929 errichtet.
Da installierte man eine eigene Wasserversorgung, und wenn ich richtig
informiert bin, legte man von dort eine Wasserleitung in die Flure der
Schule.
Die Schüler saßen in großen ungemütlichen Bänken,
die vier oder fünf Kindern Platz boten.
Nach und nach wurden diese alten Möbel durch neue Bänke der
Westönner Schulmöbelfabrik Hering ersetzt. Das war ein Gewinn,
zumal die Bänke auch noch schöne
grüne Arbeitsflächen hatten. Die obere Rinne, in der man Schreibmaterial
ablegen konnte, war in schwarzer Farbe gehalten und bot auch Platz für
die Tintenfässer. Es gab schon Füllfederhalter, aber wer hatte
einen? Man schrieb mit Stahlfedern. Ein guter Werbespruch dieser Zeit
hieß: "Die beste Feder, lieber Sohn, ist die von "Brause"
Iserlohn".
Besonders schlecht waren die Toilettenanlagen. Sie waren genau an dem
Platz, wo sie heute auch noch sind. Ihr Zustand war noch für viele
Jahre schlimm, auch in anderen Schulen war das so und in vielen Privathäusern.
Einen kleinen Einblick in die Schule vermag vielleicht ein Bild meines
Bruders Herbert zu geben. Er wurde 1936 eingeschult. Es zeigt die Klasse
in den neuen Zweierbänken. Herr Lehrer Ising aus Alten - Rüthen
steht an der Rückwand. Helmuth Euler hat dieses Bild in sein Buch
"Werl unterm Hakenkreuz" aufgenommen ( S. 86 ). Vielleicht ist
von besonderer Bedeutung, dass an der Tafel die NS - Parole steht: "Keiner
soll hungern und frieren!" und an der Klassenrückwand hängt
noch das Bild, wie Jesus die Kinder segnet. In Westönnen prallten
die neuen Parolen und die alten Anschauungen nicht so hart aufeinander,
wie es von anderen Orten bekannt wurde. Um die NS - Parole wurde es erst
still, als der Krieg das Hungern und Frieren lehrte.
|
Die Namen der Kinder von links nach
rechts:
1. Reihe: Josef Gier, Eberhard Prünte, Thea Balz,
Franziska Müller.
2. Reihe: Franz Pater, Theo Huppertz, Heribert Schleep, Josef Schulte,
Gusti Kirchhoff, Angelika Preker.
3. Reihe: Franz Müller, Egon Hoffmann, unbekannt, Gerhard Huppertz,
Hilde Bigge, Else Kriener.
4. Reihe: Anton Lückenkemper, Josef Schulte, Franz-Josef Risse, Marianne
Hense, Liesel Schulte.
5. Reihe: Theo Hoffmann, unbekannt, Hilde Hering, Hedwig Bonnekoh, Grete
Vogelsang, Elli Luig-Hünnies.
6. Reihe: Josef Telgenbüscher, Werner Holthoff, Hedwig Hering, Ursula
Fritze, Finchen Bohle.
7. Reihe: Achim Habrecht, Heinz Brandner, Franziska Schäfer, Mia
Hennemann, Änne Schlummer, Daisy Brosch.
|
Hermann Euler erwähnt in seinem
oben genannten Buch auf S.163 auch die "Pimpfenprobe". Was war
denn das? Ein jüngerer Onliner machte mir Mut von eigenen Erfahrungen
zu berichten, zumal auch da deutlich wird, dass in Werl in Teilbereichen
dem Nationalsozialismus nicht so verbissen gefolgt wurde, wie an anderen
Orten.
|