Diese
Bilder erinnern mich an eine Episode, die ich selbst mit Väterken
Schackenberg erlebt habe.
Irgendwann,
etwa Mitte der 60 er Jahre erfuhr ich, dass
ich bei der
Familie Heinrich und Emmi Schleep in der
Bruchstrasse in Westönnen,
bei guter Ernte in deren
Privatgemüsegarten gegen einen geringen Obulus Gemüse aller Art
einkaufen konnte .
Diese
Gelegenheit wollte ich an einem Samstagmittag , einem strahlend
heißen Sommertag wahrnehmen. Ich fuhr am Hause Schleep in der
Bruchstrasse vor , Mutter Emmi hatte mich schon kommen sehen, und
ging mit ihrem großen Korb am Arm über die Straße, an
Westerhoffs Friseursalon vorbei,
zu ihrem Garten, der auf der Ecke Breite Straße und Auf´m
Hackenfeld lag, und auf dem heute „Heinzken“ mit seiner
Familie wohnt.
Indessen
ging ich ins Haus.
Dort saßen Heinrich Schleep und Väterken Schackenberg bei
offenem Fenster zur Bruchstrasse hin, am Küchentisch
und dösten in der Hitze vor sich hin. Heinrich schob mir
mit einem Fuß einen Küchenstuhl zu , und meinte :
„Set
di dohenne.“ (Setz
Dich dahin)
Ich
folgte ebenso grußlos dieser Aufforderung, und schloss mich dem
vorherrschenden Schweigen an.
Nach einiger Zeit brach Väterken das Schweigen:
Vät::
„wai is dat ?
(Wer
ist das ?)
Hei:
„kennsten nich ?
(Kennst
du den nicht ?)
Vät:
„nei, wohär ?
(Nein,
woher ?)
Hei:
„dei is doch bui Härings anne Bahn.
(Der
ist doch bei Hering´s an der Bahn)
Wieder
eine ganze Weile Pause, dann :
Vät:
op dei wohl eunen giet ?
(Ob
er wohl einen ausgibt ?)
Hei:
fillichte.
(Vielleicht)
Da
ich begriffen hatte, worum es ging, legte ich ein 5 Markstück auf
den Tisch , und sagte nur : „Ja, denn besorgt doch mal einen.“
Sofort
riß Heinrich ohne aufzustehen das Fenster noch weiter
auf, und rief : Heinzken ? ---------- Heinz?---------- H
e i n e r i i i ch !!!!!
Im
nächsten Moment flog die Küchentür auf, und Heinzken fragte mit
großen Augen:
Was is Papa ?
Hei:
huier hässe Geld, go no Frau Goldstein gegenüawer, un hal
drei Pullen Boier und ne Rolle Drops for dui. (Hier
hast Du Geld, geh zu Frau Goldstein gegenüber, und hol drei
Flaschen Bier und eine Rolle Drops für Dich.)
Es
dauerte nicht lange, und Heinzken war wieder da mit drei Flaschen
Bier. Diese hatten damals noch den Patentbügelverschluss, der
auch dazu diente, dass man die Flasche nach dem Trinken
wieder verschließen konnte.
Mit
leicht glänzenden Augen wurden die Flaschen fast ritualmäßig
geöffnet, und nach dem Trinken genussvoll wieder verschlossen,
und auf den Tisch zurück gestellt. Diese
Zeremonie wiederholte sich einige Male, bis dass die Flaschen leer
waren. Dazwischen
herrschte totale Stille, und jeder hing seinen eigenen Gedanken
nach.
Nachdem
dann mehrere Male , kaum merklich stumme Blicke getauscht waren,
löste ich das aufkommende Problem
noch einmal auf gleiche Weise. Wieder
kam Heinzken mit den drei Flaschen Bier mit dem Bügelverschluss.
Wieder
wurden die Flaschen bedächtig geöffnet, und deren Inhalt
genossen. Wieder
war absolute Ruhe im Raum.
Auf
einmal donnerte Väterken los und schrie :
H e i n e r i i i ch !!!
Dieser
schreckte zusammen und stammelte nur :
Wat
is Väterken? (Was
ist Väterken?)
Mak
dei Pulle tau, bis diu dann ganz varückt ?
(Mach
die Flasche zu, bist Du denn ganz verrückt?)
Worümm
dann , Väterken ?
(Warum
denn Väterken?)
Mensch,
dei ganzen Düwelkens goin di doch fleiten.
(Mensch,
die ganzen „Alkohol“- Teufel gehen doch verloren.)
Immer
noch völlig verdattert verschloss Heinrich hastig seine Flasche.
Kurz darauf kam Mutter Emmi mit meinem Gemüse, und ich konnte
umgehend meinen Weg nach Soest antreten.
Ich
glaube, ich habe in Ampen noch gelacht.
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